Banken-Pleite

Versorgungswerke bangen um Lehman-Gelder Janina Rauers, 13.11.2009 11:18 Uhr

Berlin - 

Die Insolvenz der US-Bank Lehman Brothers hat weltweit private und institutionelle Anleger an den Rand des Abgrunds getrieben. Hunderttausende ehemalige Geschäftspartner fordern im Insolvenzverfahren insgesamt dreistellige Milliardenbeträge zurück. Auch einige Apotheker-Versorgungswerke hatten nach Informationen von APOTHEKE ADHOC mit Lehman Geschäfte gemacht - und bangen nun um die Gelder ihrer Mitglieder.

Die Versorgungswerke der Apothekerkammern Nordrhein, Westfalen-Lippe und Hessen hatten zum Zeitpunkt der Insolvenz im September 2008 zusammen 50 Millionen Euro bei der Lehman Brothers Bankhaus AG (LBB), der deutschen Tochter der US-Bank, investiert.

10 Millionen Euro hatten die Apotheker aus Nordrhein am 14. März 2008 - ein halbes Jahr vor der Megapleite - zu einem jährlichen Zinssatz von 5,1 Prozent angelegt. Die erste Zinszahlung wäre Mitte März dieses Jahres fällig gewesen - doch da hatte Lehman Brothers schon längst Insolvenz angemeldet und den Großteil seiner Mitarbeiter entlassen.

Knapp 13 Millionen US-Dollar fordern die 5200 Apotheker aus Nordrhein nun zurück. Warum die deutsche Einlagensicherung offenbar nicht eingesprungen ist und ob ein Totalausfall befürchtet werden muss, wollte man in Düsseldorf nicht verraten. Die Geschäftsführung des Versorgungswerks lehnte auf wiederholte Nachfrage eine Stellungnahme ab.

Die Intransparenz überrascht schon alleine wegen der Höhe der Außenstände. Zum Vergleich: Das gesamte Beitragsaufkommen des Versorgungswerks lag 2008 bei 58,2 Millionen Euro. Viel mehr ist über die Geschäfte der Düsseldorfer nicht zu erfahren: Den Geschäftsbericht will die Geschäftsführung nur an Mitglieder herausgeben. Ob die über die Turbulenzen informiert wurden, ist daher ebenfalls nicht bekannt.

In den Geschäftsberichten der Versorgungswerke der Apothekerkammern Hessen und Westfalen-Lippe werden die Lehman-Gelder nicht erwähnt. Immerhin: In Frankfurt und Münster hatte man offenbar mehr Glück im Unglück als die Kollegen in Düsseldorf: Im Februar 2009 erhielten die beiden berufsständischen Einrichtungen ihre Einlagen inklusive der bis November 2008 aufgelaufenen Zinsen aus dem deutschen Einlagensicherungsfonds zurück. Nun fordern die Apotheker bei den Lehman-Insolvenzverwaltern noch die Zinsen bis Februar zurück - 187.000 Euro aus Hessen und 364.000 Euro aus Westfalen-Lippe.

Drei Schuldschein-Darlehen in Höhe von zusammen 15 Millionen Euro standen für die 5200 hessischen Apotheker bei der Lehman-Pleite zur Rückzahlung aus: Im Juli 2006 sowie im Januar und im Juni 2007 hatten die Apotheker ihr Geld bis 2014, 2022 und 2023 bei Lehman angelegt. 2008 waren etwa 40 Prozent der Kapitalanlagen des Versorgungswerks - insgesamt rund 1 Milliarde Euro - Schuldscheinforderungen und Darlehen.

Das Versorgungswerk Westfalen-Lippe, dem auch die Bremer Apotheker und damit insgesamt 6100 Mitglieder angehören, hatte 25 Millionen Euro bei Lehman angelegt - rein rechnerisch fast die Hälfte der Beitragseinnahmen aus dem vergangenen Jahr in Höhe von 48 Millionen Euro. Drei Schuldscheindarlehen aus dem Jahr 1999 sowie von April und Mai 2008 wären 2009, 2018 sowie 2016 fällig geworden. Eine Namensschuldverschreibung aus dem Jahr 2007 hätte 2023 zur Rückzahlung kommen sollen.

Offen ist, ob die Apotheker die ausstehenden Zinsen jemals wiedersehen. „Wahrscheinlich wird es ein langwieriges Verfahren“, sagte der verantwortliche Geschäftsführer der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, Jochen Stahl, gegenüber APOTHEKE ADHOC. Es könne mehrere Jahre dauern, bis feststehe, ob das Versorgungswerk seine Forderungen beglichen bekomme. Glimpflich davon gekommen sind die Apotheker dank der Einlagensicherung allemal.