Versandapotheken dürfen nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) Tierarzneimittel verkaufen. Ausgenommen sind verschreibungspflichtige Arzneimittel und Medikamente für Nutztiere. Ein generelles Versandverbot schränkt aus Sicht der obersten Zivilrichter die Berufsfreiheit der Apotheker übermäßig ein. Das geht aus der jetzt veröffentlichten Begründung des Urteils vom 12. November hervor.
Zwar rechtfertige der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung selbst empfindliche Eingriffe in die Berufsfreiheit, so die BGH-Richter. Dies könne aber nicht für OTC-Arzneimittel für Haustiere gelten. Denn im Wege des Versandhandels verursachte Fehlmedikationen stellten hier keine Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung dar. Schließlich würden Hunde und andere „nicht zu Ernährungszwecken gehaltene Haustiere [...] aus ideellen Gründen in den Haushalt aufgenommen“ und weit überwiegend nicht aus Erwerbsgründen, so die Richter.
Der BGH hob mit seinem letztinstanzlichen Urteil die Entscheidung des Berufungsgerichts auf. Zwar erkannten auch die BGH-Richter an, dass „die Möglichkeit einer durch übermäßigen Sorge um das Wohlergehen des Haustieres verursachten Übermedikation“ bestehe. Die gleiche Gefahr sahen die Richter allerdings bei allzu besorgten Eltern, die ihren Kindern zu viele Arzneimittel geben. Da der Gesetzgeber dieses Risiko seit der Freigabe des Versandhandels im Jahr 2004 für hinnehmbar halte, könnten für Tiere keine strengeren Maßstäbe gelten, so der BGH.
Eine Gefahr erkannten die Richter bei Hund, Katze & Co, die zu Zucht- oder Ausstellungszwecken gewerblich gehalten werden. Um einer übermäßigen Medikation vorzubeugen, reicht es aus Sicht des BGH aber aus, die entsprechenden Präparate unter die Verschreibungspflicht zu stellen.
Der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) begrüßte das Urteil und hofft auf steigende Umsätze in einem zweistelligen Millionenmarkt. Der Vorsitzende Christian Buse rechnet nach der Entscheidung vor allem mit einer großen Nachfrage nach Mitteln gegen Zecken, Würmer, Milben und andere Parasiten.
Die Bundesregierung hatte schon nach einem Schriftwechsel mit der EU-Kommission angekündigt, den Versandhandel mit OTC-Arzneimitteln für Haustiere zu erlauben. Die EU-Kommission hatte sich im Juli 2009 bei der deutschen Regierung über das Versandverbot beschwert. Berlin hatte sich zunächst gewehrt, im Oktober aber doch eingelenkt.
Man werde die entsprechenden Vorschriften im Rahmen des regulären Gesetzgebungsverfahrens ändern, so das Versprechen an die Kommission. Die Novelle zum Arzneimittelgesetz ist in der Ressortabstimmung zwischen Bundesgesundheits- und Bundeslandwirtschaftsministerium. Ende des Jahres soll die Gesetzesänderung in Kraft treten. Der BGH hatte den Weg für die Versender allerdings bereits im November frei gemacht.
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