Anwesenheitspflicht

Kammer: Wo ist der Sanicare-Chef?

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Berlin -

Sanicare-Chef Dr. Volkmar Schein muss sich vor der Apothekerkammer Niedersachsen verteidigen: Obwohl er als Miteigentümer eigentlich anwesenheitspflichtig wäre, hat er sich ins Saarland zurückgezogen. Die Kammer hat ihn nun zur Stellungnahme aufgefordert.

Sanicare gehört seit anderthalb Jahren zur offenen Handelsgesellschaft (OHG) BS-Apotheken, Inhaber sind Schein und Christoph Bertram. Der Onlinehandel wird künftig aber nur noch von Bertram geleitet – Schein habe sich aus persönlichen Gründen aus dem operativen Geschäft zurückgezogen, hieß es in einer Erklärung mit dem Titel „Sanicare Wechsel in der Führungsspitze“. Einer Sprecherin zufolge hat Schein Sanicare bereits im Herbst den Rücken gekehrt und ist zurück ins saarländische Losheim am See gegangen.

Als Gesellschafter der BS-Apotheken, denen die Marke Sanicare gehört, tritt er aber weiterhin auf. Und als Apothekenleiter ist er zur Anwesenheit verpflichtet. Schein hat die Kammer in Niedersachsen offenbar nicht über seinen Schritt informiert; der Fall wird derzeit geprüft, die Kammer befindet sich im Gespräch mit Schein und Bertram.

Laut Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) muss ein Apothekenleiter die Apotheke persönlich leiten. Das bedeute nicht nur Lenkung, sondern auch persönliche Beaufsichtigung des Betriebes und des Personals, erklärte die Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD) in ihrer Resolution aus dem Jahr 2011. „Eine persönliche Beaufsichtigung erfordert eine körperliche Anwesenheit des Apothekenleiters“, stellten die Pharmazieräte klar.

Allerdings muss der Apothekenleiter nicht durchgängig in der Offizin stehen. Einen Anhaltspunkt für die Beurteilung bietet die Beschäftigung eines Filialleiters, der – genauso wie der Chef selbst – eine persönliche Leitungsverpflichtung hat. Die APD erklärt in ihrer Resolution: Der Filialleiter muss in Vollzeit angestellt sein, also mindestens 38 Stunden pro Woche anwesend sein.

In einer OHG gilt das für alle beteiligten Apotheker: Jeder gilt als Apothekenleiter und muss entsprechend anwesend sein. Eine „Teilzeit-OHG“, bei der jeder nur einige Stunden da ist, ist nicht erlaubt. Die einzig legitime Arbeitsteilung ist die zwischen Haupt- und Filialapotheke: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat 2011 entschieden, dass der Inhaber einer Apotheke auch als Filialleiter tätig sein darf.

Im Jahr 2004 gab es nach Zahlen der ABDA 381 OHG-Apotheken. Seitdem ist die Zahl in jedem Jahr gestiegen. 2006 gab es einen deutlichen Anstieg um fast 10 Prozent, 2012 sogar um mehr als 15 Prozent. Im Jahr 2014 zählte die ABDA 638 Apotheken in OHG.

Im Jahr darf sich der Apothekenleiter maximal drei Monate von einem anderen Apotheker vertreten lassen. Auch längere Auszeiten sind möglich, wenn „ein in der Person des Apothekenleiters liegender wichtiger Grund“ vorliegt und die zuständige Behörde dies zulässt.

Alternativ kann sich ein Apothekenleiter von einem Apothekerassistenten oder einem Pharmazieingenieur vertreten lassen. Allerdings ist das für maximal vier Wochen im Jahr möglich. Voraussetzung ist außerdem, dass der Apothekerassistent oder Pharmazieingenieur für die Vertretung geeignet ist und im Vorjahr mindestens sechs Monate hauptberuflich in einer Apotheke beschäftigt war. Leiter eines Filialverbunds, einer krankenhausversorgenden Apotheke oder von Apotheken, in denen Arzneimittel verblistert oder Parenteralia hergestellt werden, dürfen sich generell nur von anderen Apothekern vertreten lassen.

Schein führte bis zur Übernahme der insolventen Versandapotheke vor drei Jahren die Hirsch-Apotheke im saarländischen Losheim. Er hatte Sanicare ohne Erfahrungen im Onlinegeschäft übernommen. Zu dem Schritt hätten ihn die positiven Geschäftsaussichten sowie die Ausstattung des Unternehmens mit hervorragenden Mitarbeitern bewogen, sagte er nach dem Kauf.

Jetzt ist Bertram hauptverantwortlich für das Versandgeschäft. Der Apotheker aus dem saarländischen Neunkirchen stieg im September 2014 offiziell bei Sanicare ein. Zuvor hatte er die Versandapotheke bereits in strategischen Fragen intensiv unterstützt. Zur OHG gehören die Sanicare-Apotheke im Gesundheitszentrum in Bad Laer und die Sonnen-Apotheke in Versmold, weitere Marken wie die Versandapotheken Medicaria und Aliva sowie die Online-Parfümerie Schein.

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