Politik muss Kassen fragen

DocMorris ohne Apotheke? Ministerium sieht DAV in der Pflicht

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Berlin -

DocMorris nennt sich Apotheke, ist aber keine: Diese Ansicht hat die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) vergangenes Jahr in die Debatte eingebracht und mit den Gegebenheiten vor Ort begründet. Der bayerische Apotheker Ulrich Geltinger hat den Faden aufgenommen und sich an Gesundheitsministerium des Freistaats gewandt – das musste erst einmal bei den Kassen nachfragen. Die wiederum sehen die Verantwortung beim Deutschen Apothekerverband (DAV).

Einen Versuch war es wert, könnte man meinen: „Sehr geehrte Damen und Herren, die niederländische Apotheke Doc Morris […] verbringt Arzneimittel auf dem Versandwege nach Deutschland. Diese werden gemäß Rahmenvertrag […] von den gesetzlichen Krankenkassen vergütet“, schrieb Geltinger an sein Gesundheitsministerium. „Ich darf Sie höflich bitten, diese Praxis aufsichtsrechtlich zu unterbinden.“ Denn, so Geltingers Begründung: „DocMorris unterhält in den Niederlanden keine Präsenzapotheke“, wie es in der sogenannten Länderliste des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) als Voraussetzung für den Arzneimittelversand verlangt wird. „Somit ist die Verbringung von Arzneimitteln durch oben genannte Apotheke in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ungesetzlich, und den Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechtes ist es verwehrt, sich an diesen gesetzeswidrigen Handlungen zu beteiligen.“

Tatsächlich steht Geltinger mit dieser Auffassung nicht allein da. Die AKNR, auf die sich Geltinger beruft, hat vergangenes Jahr ebenjene Auffassung publik gemacht: In der Bekanntmachung des BMG wird nämlich explizit ausgeführt, dass Versandapotheken gleichzeitig eine Präsenzapotheke unterhalten müssen. Genau diese Auflage erfüllt Doc Morris aus Sicht der AKNR nicht: Das Firmengelände sei so beschildert und angelegt, dass keinerlei Publikumsverkehr möglich sei, behauptet die Kammer. „Eine Präsenzapotheke existiert hier nicht.“ Die Kammer verfügt nach Angaben von Geschäftsführer Dr. Stefan Derix über „aktuelles, umfängliches Dokumentationsmaterial“ – bis hin zum Hinweisschild „Betreten verboten!“ Die konkrete Ausgestaltung des Betriebs von DocMorris in den Niederlanden biete deshalb nicht die tatsächlichen Voraussetzungen dafür, an der Belieferung von Kassenpatienten teilzunehmen.

Das bayerische Gesundheitsministerium war sich offenbar nicht sofort sicher, was es darauf antworten soll – es fragte bei den Krankenkassen nach. „Um die Angelegenheit rechtsaufsichtlich prüfen zu können, haben wir Stellungnahmen der AOK Bayern sowie des BKK Landesverbandes Bayern eingeholt“, so das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) in seiner Antwort an Geltinger.

Und die Kassen sehen keinen Handlungsbedarf. Sie teilen mit, „dass für sie kein Anlass bestehe, an der Berechtigung von DocMorris zum Versandhandel in Deutschland und zur Abrechnung gegenüber der GKV zu zweifeln“. Denn: Der DAv sage ihnen ja, dass mit DocMorris alles seine Ordnung hat. Das von GKV-Spitzenverband und DAV vereinbarte Beitrittsverfahren zum Rahmenvertrag werde von den Vertragspartnern praktiziert. Die Krankenkassen haben dem Ministerium demnach mitgeteilt, sie würden darauf vertrauen, „dass der Deutsche Apothekerverband die beim Beitritt einer ausländischen Versandapotheke einzureichenden Unterlagen und Nachweise prüfe und sich darauf verlassen, dass die Vertragspartner bei möglichen Zweifeln an der Anwendbarkeit des Vertrags entsprechend eingreifen werden“.

So seien beispielsweise die Krankenkassen in der Vergangenheit vom GKV-Spitzenverband informiert worden, „dass im Zusammenhang mit der Gewährung von Boni eine Sanktionierung von DocMorris geprüft, im Ergebnis jedoch abgelehnt wurde“.

Auch aus dem Versandhandels-Register des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und dem dortigen Verweis auf das entsprechende niederländische Register würden sich demnach keine Hinweise darauf ergeben, dass DocMorris nicht berechtigt wäre, Arzneimittel auf dem Versandweg nach Deutschland zu verbringen. Die Erstattung von Arzneimitteln zu beanstanden oder gar zu unterbinden, wie Geltinger fordert, sei deshalb nicht möglich. „Aus den Stellungnahmen der AOK Bayem beziehungsweise des BKK Landesverbands gehen keine Anhaltspunkte hervor, die für ein eindeutig rechtswidriges Handeln sprechen würden. Eine Beanstandung seitens des StMGP im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Befugnisse ist deshalb nicht möglich.“

Bei Geltinger hat das Schreiben des Ministeriums mehr Fragen hinterlassen, als es beantwortet. „Die Antwort des Ministeriums war für mich mehr als verblüffend, in bezeichnetem Schreiben wird die Verantwortung für die fortgesetzte Duldung der Abrechnung von DocMorris mit den deutschen Krankenkassen direkt dem DAV angelastet“, sagt er. Er hat deshalb gleich eine zweite Anfrage geschrieben, diesmal an den DAV. Wie es sein kann, dass der diese seiner Auffassung nach rechtswidrige Praxis deckt, will er darin wissen – auf eine Antwort wartet er noch.

 

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