Heute öffneten sich die Türen der Mayerschen Apotheke in Tübingen vorerst zum letzten Mal. Doch hinter den Kulissen dürfte es auch weiterhin hitzig zugehen. Offenbar hat Inhaberin Gabriele Mandel gegen den Mietvertrag verstoßen, der vorgibt, dass die Apotheke bis März 2018 betrieben werden muss. Trotz einer Abmahnung macht die Apothekerin ihr Geschäft dicht. Zu den Gründen schweigt sie. Der Anwalt der Eigentümer hat ihr offenbar einen Maulkorb verpasst.
Seit 458 Jahren werden im Erdgeschoss des schmucken Fachwerkgebäudes in Tübinger Innenstadt Arzneimittel verkauft. Damit ist nun Schluss. Zumindest vorerst gehen heute die letzten Medikamente über den HV-Tisch der altehrwürdigen Apotheke. Hinter den Kulissen soll es aber laut einem Bericht des Schwäbischen Tagblattes brodeln.
Demnach kam es zwischen der Apothekerin und der Erbengemeinschaft, der das Haus gehört, zu einem Streit über den Zeitpunkt der Schließung. Denn eigentlich soll Mandels Mietvertrag erst im Frühjahr 2018 auslaufen. Bekanntermaßen wird sie die Apotheke aber schon zum Dezember schließen. Der Hamburger Rechtsanwalt Peter Schon, der für die Erbengemeinschaft – bestehend aus seiner Frau und deren Schwester – spricht, bezeichnete die Schließung vor Ende des Mietverhältnisses gegenüber der Regionalzeitung als klaren Vertragsbruch. Der Mietvertrag gebe vor, dass das Geschäft bis März 2018 als Apotheke betrieben werden müsse. „Wir haben Frau Mandel eine Abmahnung geschickt“, wird der Anwalt zitiert.
Der Apothekerin hat er offenbar einen Maulkorb verpasst. Mandel dürfe sich auf Geheiß ihres Vermieters zur aktuellen Situation nicht äußern, steht im Bericht. Kunden der Apotheke wüssten jedoch, dass zum Ende des Monats bei ihr einige Verträge ausliefen und sie neue langfristige Verpflichtungen eingehen müsste, wollte sie die Apotheke noch bis Frühjahr weiterführen. Ob die Apothekerin nun zusätzlich zur wahrscheinlichen Mietfortzahlung auch Konventionalstrafe berappen muss und welche Pläne sie für die Zukunft hat, ist allerdings unbekannt.
Die Eigentümer setzten wohl auch weiterhin auf eine Apotheke. Gegenüber dem Schwäbsichen Tagblatt sagte Schon, man sei sich im Gespräch mit Oberbürgermeister Boris Palmer „einig gewesen, dass die Apotheke möglichst fortgesetzt werden soll“. Auch gegenüber APOTHEKE ADHOC bestätigte der Hamburger Anwalt, dass man auf der Suche nach einem Nachfolger sei. „Wir tun alles dafür“, versicherte er.
Dazu gehöre auch, den Laden „nach dem heutigen Stand der Technik umzubauen“. Bei einem Rundgang mit dem Denkmalamt am 5. Dezember soll sondiert werden, was im Inneren verändert werden darf. Bereits vor zehn Jahren, als Mandel die Apotheke von ihrem damaligen Chef Udo Kauer übernommen hat, sollen die Eigentümer kräftig investiert haben. Sie ließen beispielsweise den Nebenraum mit seinem spätklassizistischem Mobiliar restaurieren. Die Kosten dafür lagen nach Informationen der Regionalzeitung bei rund 50.000 Euro. Dieses Kabinett mit seinen raumhohen Apothekenschränken, die kunstvoll aus verschiedenen Hölzern zusammengesetzt sind, wurde so als Schmuckstück öffentlich sichtbar gemacht.
Dennoch könnte es schwierig werden, einen Pächter für die Mayersche Apotheke zu finden. Denn auch in städtischen Lagen kämpfen einige Apotheken ums Überleben. So musste in Tübingen die Neckartor-Apotheke Ende 2015 nach über 40 Jahren schließen. Weder die moderne Ausstattung der Apotheke noch die 1A-Lage in der Neckargasse, der Haupteinkaufsstraße der Stadt, konnte die Apotheke vor dem Aus bewahren.
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