Schreibwaren aus der Apotheke im Schlecker Eugenie Ankowitsch, 13.03.2017 14:57 Uhr
Viele Gemeinden auf dem Land kämpfen mit allen Mitteln gegen das Aussterben der Ortskerne. Doch immer mehr Geschäfte schließen ihre Türen und hinterlassen eine Lücke in der Infrastruktur. Im baden-württembergischen Veringenstadt helfen Geschäftsleute mit kreativen Ideen mit, ein vielfältiges Angebot im Ort zu erhalten. Da kommt es schon mal zu abenteuerlichsten Misch-Läden, wie die Strüb-Apotheke, die eine Drogerie- und seit Neustem auch eine Schreibwarenabteilung hat – natürlich getrennt von der Offizin.
Als die Schlecker-Filiale vor fünf Jahren dicht machte, seien viele Kunden zu ihr gekommen und hätten gefragt, ob sie in ihrer Apotheke auch Drogerie-Artikel anbieten könnte, erinnert sich Monika Mettenleiter, Inhaberin der Strüb-Apotheke. „Für einige lag es wohl nahe, dass eine Apotheke auch Drogerie-Artikel verkauft.“ Als immer mehr Kunden das Thema angesprochen haben, beschäftigte sich die Pharmazeutin intensiver mit dem Gedanken und kam letztendlich zum den Schluss: „Warum eigentlich nicht?“
Es mussten allerdings neue Räume her. „Der ehemalige Standort war ohnehin zu klein“, berichtet die Pharmazeutin. Sie sei bereits seit Längerem auf der Suche nach neuen Räumlichkeiten gewesen. Der Leerstand sei in Veringenstadt aber sehr gering. Mit dem Plan, die Apotheke um eine Drogerie-Abteilung zu erweitern, eröffnete sich aber eine völlig neue Option: Die Räume der ehemaligen Schlecker-Filiale standen nach wie vor leer. „Nur für die Apotheke wären sie eindeutig zu groß gewesen“, sagt Mettenleiter. „Für eine Apotheke mit einer Drogerie-Abteilung dagegen passte es perfekt.“
Gesagt, getan. Im Dezember 2012 zog die Strüb-Apotheke in die ehemaligen Schlecker-Räume ein. Dafür musste die Apothekerin aber umfangreiche Umbaumaßnahmen vornehmen. Denn gemäß Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) dürfen nur apothekenübliche Waren und Dienstleistungen angeboten werden. Deshalb hat die Pharmazeutin eine Wand eingezogen und die Schlecker-Filiale in zwei Bereiche mit separaten Eingängen unterteilt. „Es gibt zwar eine Durchgangstür, die die beiden Bereiche miteinander verbindet, aber sie ist abgeschlossen“, versichert sie.
Den Umbau hat die Apothekerin aus eigener Tasche finanziert. Zwar habe theoretisch die Möglichkeit bestanden, eine staatliche Förderung zu beantragen. Bis der Antrag bewilligt und das Geld ausgezahlt worden wäre, hätte es laut Mettenleiter allerdings Monate gedauert. „So lange wollte weder ich noch die Einwohner von Veringenstadt warten“, sagte sie.
Für die kleine Drogerie-Abteilung musste die Apothekerin kein zusätzliches Personal einstellen. Die Kasse sei nicht einmal durchgängig besetzt. „Wir sind hier auf dem Dorf“, winkt Mettenleiter ab. Die Tür der Drogerie habe außerdem einen Bewegungsmelder. Geht ein Kunde rein, ertöne eine Klingel in der Apotheke. „Dann geht jemand rüber und kassiert ab“, erklärt Mettenleiter. Manchmal würden die Kunden aber auch in die Apotheke kommen und dort bezahlen. „Das passiert vor allem, wenn sie zusätzlich noch Medikamente benötigen“, so die Pharmazeutin. Das sei aber unproblematisch, weil beide Kassen miteinander verbunden seien.
Vor ziemlich genau zehn Jahren hat Mettenleiter die Apotheke in Veringenstadt übernommen. Als Hauptniederlassung betreibt sie die Adler-Apotheke in Sigmaringendorf. Die Strüb-Apotheke hieß damals noch Apotheke Veringenstadt. „Das war mir zu einfallslos“, erinnert sich die Pharmazeutin. Ende 2009 durften die Veringenstädter mit einem Preisausschreiben über eine Namensänderung der Apotheke abstimmen. Der Name Strüb-Apotheke hat am Ende das Rennen gemacht.
In Veringenstadt ist der Name untrennbar mit der Künstlerfamilie Strüb verbunden, die bis 1540 in dem Ort am Fuße des Kirchbergs wohnte. Den Künstlern werden nicht nur die Werke der Meister von Sigmaringen, sondern auch die der Meister von Veringen und des Meisters von Meßkirch zugeschrieben. „Der Name hat hier sehr viel Tradition und wird von den Veringenstädtern in Ehren gehalten“, erklärt Mettenleiter. „Es sind tolle Menschen, die wissen, dass man das, was man hat, auch pflegen muss.“
Deshalb sei auch der kleine Drogerie-Markt ein voller Erfolg. Als ein weiteres Geschäft, das „Holzlädele“ für Schreibwaren und Bürobedarf, Ende vergangenen Jahres geschlossen wurde, überlegte die Apothekerin also nicht lange. Im Januar 2017 erweiterte Mettenleiter das Sortiment der Drogerie noch um Schreibwaren, Bürobedarf, Schulwaren, Kurzwaren und Wolle. Somit konnte auch hier ein Teil des Angebots des kleinen Geschäfts erhalten werden.
Die Apothekerin betont allerdings, dass nicht jede Dienstleistung in ihr Konzept passt und einen Platz in der ehemaligen Schlecker-Filiale findet. So mussten beispielsweise der Hermes-Dienst und die Annahme für eine Reinigungsfirma, die vorher ebenfalls vom „Holzlädele“ angeboten wurden, vom Veringer Hofladen Fink übernommen werden.