Arzneimittel für die Verblisterung unterliegen nicht der Preisbindung. Das legt ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) nahe: Die Richter haben die Entscheidungen der Vorinstanzen gekippt, die Ratiopharm Rabatte auf die speziellen Großpackungen noch verboten hatten, und die Klage der Wettbewerbszentrale abgewiesen. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor; Beobachtern gibt die Entscheidung Rätsel auf.
In dem Verfahren ging es um Rabatte für Fertigarzneimittel, die Ratiopharm mit Apotheken frei verhandelt hatte. Die Wettbewerbszentrale hatte gegen den Generikakonzern geklagt. Der hatte sich auf eine Ausnahmeregelung in der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) berufen: Demnach sind „aus Fertigarzneimitteln entnommene Teilmengen“ von der Festpreisregelung ausgenommen. Um die Frage, wie diese Teilmenge zu definieren ist, ging es in dem Prozess.
Die Wettbewerbszentrale hatte argumentiert, dass es darauf ankomme, was der Arzt verordne und bei den Krankenkassen abgerechnet werde. Wenn der Patient im Endeffekt die gesamte Packung erhalte, könne nicht von einer Teilmenge gesprochen werden und die Ausnahmeregelung nicht greifen. Genauso sahen es das Landgericht Ulm (LG) und das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG).
Ratiopharm legte gegen die Entscheidungen Rechtsmittel ein. Der Konzern argumentierte – vor dem OLG noch vergeblich –, dass es nicht darauf ankomme, ob der Arzt eine Teilmenge verordne oder der gesamte Fertigpackungsinhalt abgegeben werde. Entscheidend sei die „Entnahme“ einer Teilmenge.
Zudem könnten Apotheken bei der Verblisterung ihre Preise auf der Verkaufsseite kalkulieren. Es sei „nicht nachzuvollziehen“, warum dies nicht auch auf der Einkaufsseite möglich sein sollte. Die patientenindividuelle Verblisterung sei für die Apotheken mit „erheblichen Zusatzkosten“ verbunden: „Ohne den vergünstigten Erwerb vom Hersteller wäre kein Apotheker mehr bereit, den finanziellen und personellen Aufwand zu tragen“, so Ratiopharm in dem Verfahren.
Bei der Wettbewerbszentrale kann man das nicht nachvollziehen. Aus Sicht von Geschäftsführer Dr. Reinhard Münker erfasst die Ausnahmeregelung „nicht jegliches Bilden von Teilmengen“. Anderenfalls könnte aus seiner Sicht jede Gesamtmenge in zwei Teilen geliefert werden und falle dann nicht mehr unter die AMPreisV. So habe man auch vor dem BGH argumentiert und sei zunächst auch mit Blick auf den Ausgang des Verfahrens vorsichtig optimistisch gewesen.
Doch der BGH entschied anders als die Vorinstanzen: Das Urteil des OLG wurde aufgehoben, und das des LG dahingehend abgeändert, dass die Klage der Wettbewerbszentrale abgewiesen wird. Damit ist der Fall durchentschieden. Warum der BGH so entschieden hat und welchen Einfluss das auf andere Hersteller hat, muss den Urteilsgründen entnommen werden.
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