Valsartan-Generika: Alles defekt APOTHEKE ADHOC, 23.04.2019 10:43 Uhr
Den Apothekern droht wieder Ärger mit Valsartan. Aktuell sind sämtliche generischen Monopräparate des Blutdrucksenkers defekt. Müssen Kunden auf das – auch nicht in allen Stärken verfügbare – Originalpräparat ausweichen, werden üppige Aufzahlungen fällig. Wer keine generische Ware mehr an Lager hat, kann sich in den kommenden Tagen also auf unerfreuliche Gespräche am HV-Tisch einstellen.
Zuletzt war wenigstens noch TAD lieferfähig, doch jetzt ist auch Valsacor in allen Stärken defekt. „Eigentlich sollte die Lieferung letzte Woche kommen“, berichtet eine Inhaberin. Beim Großhändler Noweda ist die Apotheke vorgemerkt, aber derzeit ist unklar, wann wieder Ware kommt. Eine Direktbestellung bei TAD sei nicht möglich.
Nur das Original Diovan von Novartis ist derzeit zu bekommen. Hier müssen sich die Kunden aber auf hohe Aufzahlungen einstellen. Inklusive der gesetzlichen Zuzahlung muss der Patient bei der N3-Packung mit 80 mg Wirkstoff 76 Euro aus eigener Tasche zahlen, bei den Präparaten mit 160 und 320 mg sind es 91 beziehungsweise 114 Euro. Letztere ist allerdings ebenfalls derzeit nicht lieferbar.
Bei den Generika haben sich die Ausfälle in den vergangenen Wochen bereits abgezeichnet. Immer wieder waren einzelne Packungsgrößen oder Wirkstärken defekt. Zum Teil mussten die Versicherten umgestellt werden – und dadurch mitunter doppelt die Zuzahlung leisten. Selbst bei Apothekern, die sich aufgrund der Zwischenfälle der vergangenen Monate vorsorglich eingedeckt hatten, geht der Bestand zur Neige. Zu den Hintergründen der Ausfälle ist noch nichts bekannt. Eine Stellungnahme der aktuell betroffenen Hersteller steht noch aus.
Die Hersteller wurden nach dem dem Valsartan-Skandal im Sommer 2018 von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zuletzt aufgefordert, ihre Herstellungsprozesse bei Sartan-haltigen Arzneimitteln zu überprüfen, um Nitrosamin-Verunreinigungen auszuschließen. Den Unternehmen wurde eine Übergangszeit von zwei Jahren gewährt. In diesem Zeitraum sollen sie alle erforderlichen Änderungen vornehmen, die die Einhaltung der vorübergehend geltenden strikten Grenzwerte für Nitrosamine gewährleisten. Zum Ende der Übergangsfrist müssen die Hersteller nachweisen, dass die produzierten Arzneimittel keine quantifizierbaren Mengen der Verunreinigungen enthalten. Dies ist Voraussetzung für das Inverkehrbringen der Angiotensin-II-Rezeptorblocker innerhalb der EU.
Grund für die Vorgabe ist die Rückrufwelle Sartan-haltiger Arzneimittel im Sommer 2018, die bis heute andauert. Valsartan musste aufgrund von Verunreinigungen mit dem Nitrosamin N-Nitrosodimethylamin (NDMA) und N-Nitrosodiethylamin (NDEA) zurück. Zum Teil waren die aktiven Substanzen mit einem, zum Teil mit beiden als potenziell für den Menschen kanzerogen eingestuften Substanzen verunreinigt. Rückrufe aufgrund der Anwesenheit von NDEA gab es auch bei Irbesartan und Losartan.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat bereits auf den Skandal reagiert: Mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) erhalten die Bundesoberbehörden für den Rückruf von Arzneimitteln und Wirkstoffen erweiterte Kompetenzen. Die Krankenkassen bekommen dem Entwurf zufolge einen Regressanspruch gegenüber den Herstellern, wenn ein Arzneimittel wegen Qualitätsmängeln zurückgerufen werden muss. Patienten werden zudem von der Zuzahlungspflicht befreit, wenn sie sich aufgrund eines mangelhaften Arzneimittels ein neues Rezept besorgen müssen.