Beim Betrieb von Filialapotheken kommt es laut dem Verwaltungsgericht Bremen (VG) nur auf die Erreichbarkeit an. Die Richter haben einer Apothekerin aus der Hansestadt den Betrieb von zwei Filialen erlaubt, obwohl die Apotheken nicht in angrenzenden Landkreisen liegen. Entscheidend ist laut Urteilsbegründung, dass Filialen von der Hauptapotheke aus in etwa einer Stunde Fahrtzeit zu erreichen sind.
Die Bremer Apothekerin hatte im August einen Antrag auf Betriebserlaubnis von zwei Filialen in Bremerhaven und Verden gestellt. Doch die zuständige Aufsichtsbehörde in Bremen lehnte den Antrag ab: Filialen seien nur in „benachbarten“ Kreisen zulässig, zwischen Bremen und Bremerhaven lägen jedoch die niedersächsischen Landkreise Osterholz und Cuxhaven beziehungsweise Wesermarsch. Auch die Apothekerkammer hatte im Verfahren Bedenken gegen die Betriebserlaubnis geäußert.
Die Anwälte der Apothekerin hatten sich dagegen auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg gestützt, wonach „benachbart“ nicht mit „angrenzend“ gleichzusetzen sei. Der Wortlaut des Gesetzes stelle auf die „unmittelbare räumliche Nähe“ ab, wesentliches Merkmal sei demnach die Erreichbarkeit der Filialapotheke. In dem Oldenburger Verfahren ging es allerdings um krankenhausversorgende Apotheken, weshalb die Aufsicht eine Übertragbarkeit angezweifelt hatte.
Die Richter am VG Bremen bezogen das Urteil allerdings mit ein. Das Regionalprinzip sei hier offensichtlich vom Gesetzgeber gelockert worden, in der Neufassung des Apothekengesetzes sei die Kreisgrenzenklausel gar nicht mehr enthalten. Vorgesehen sei jetzt eine unverzügliche und bedarfsgerechte Belieferung.
Entsprechend komme es auch bei Filialapotheken nicht auf die tatsächlichen Grenzen an, urteilten die Richter am 3. April. „Benachbart“ könne nämlich auch „nahe gelegen“ oder „in der Nähe befindlich“ bedeuten, so die Richter. Eine Gleichsetzung mit „angrenzend“ sei schon wegen der zum Teil sehr unterschiedlich großen Landkreise ungerecht.
Die Filiale in Bremerhaven liegt rund 55 Kilometer von der Bremer Hauptapotheke entfernt. Aufgrund der guten Autobahnanbindung sei sie innerhalb einer Fahrtzeit von deutlich unter einer Stunde erreichbar, heißt es im Urteil. Damit sei eine persönliche Betreuung der Filiale noch möglich.
Dass die Distanz zwischen den beiden Filialapotheken rund 100 Kilometer beträgt, spielt laut Gericht keine Rolle. Es komme grundsätzlich auf die Entfernung der Hauptapotheke von den Filialen an. Die Wahl „taktischer“ Standorte ohne hinreichende persönliche Leitung lasse das Apothekengesetz nicht zu. Die Kontrolle obliege den Aufsichtsbehörden, so die Richter.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. In anderen Kammerbezirken wird schon heute im Einzelfall entschieden, ob der Apotheker seine Verantwortung noch wahrnehmen kann – unabhängig von den Kreisgrenzen. Durch Gerichte geklärt ist der unbestimmte Begriff „benachbart“ für Filialapotheken aber noch nicht.
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