Apotheken müssen bei einer Betriebsprüfung umfangreiche Daten an das Finanzamt liefern. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in drei Verfahren entschieden. Konkret ging es um den Anspruch des Fiskus auf die Kassenauftragszeile. Nach der Entscheidung werden nicht nur mehrere ruhende Verfahren vor den Finanzgerichten wieder aufleben, möglicherweise droht den Apothekern im kommenden Jahr auch eine Welle von Betriebsprüfungen.
Schon bei der mündlichen Verhandlung hatte der BFH durchblicken lassen, dass er sich auf die Seite des Bundesfinanzministeriums (BMF) schlagen würde. Die Münchener Richter sehen bei den Apotheken eine Einzelaufzeichnungspflicht für alle Daten aus der Warenwirtschaft. Entsprechend müssen diese bei einer Betriebsprüfung auch herausgegeben werden. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor.
Steuerberater und Rechtsanwalt Dr. Bernhard Bellinger hatte die Apotheker in München vertreten. Er ist enttäuscht von der Entscheidung – zumal sich die Richter aus seiner Sicht damit gegen die komplette Kommentarliteratur zum Handelsgesetzbuch (HGB) und der Abgabenordnung (AO) stellen.
Bellinger sieht die drei Urteile als Einzelfallentscheidung und will in der Sache nicht nachgeben: „Für mich ist die Messe noch nicht gelesen.“ Seine Hoffnung: Ein anderes Finanzgericht könnte in einem der jetzt wieder auflebenden Verfahren von der Entscheidung des BFH abweichen und so über die sogenannte vertikale Divergenz ein neues Revisionsverfahren in München auslösen – womöglich vor einem anderen Senat.
Denkbar ist aber ebenfalls, dass sich die Finanzgerichte bei künftigen Verfahren zu Betriebsprüfungen auf den BFH beziehen und die Apotheken zur Herausgabe der Daten verpflichten. Mehrere Verfahren bei unterschiedlichen Finanzgerichten waren ausgesetzt worden, bis der BFH seine Entscheidung verkünden würde. Wenn die Urteilsgründe aus München vorliegen, werden in diesen Fällen die Termine zur mündlichen Verhandlung gesetzt.
Einen Fall hat der BFH Bellinger zufolge an die Vorinstanz zurückverwiesen. Das Finanzgericht Münster hatte zugunsten des betroffenen Apothekers entschieden. Die Hinzuschätzung des Finanzamts Borken in Höhe von 40.000 Euro wurde zurückgewiesen. Der BFH hat die Entscheidung bezüglich des Datenanspruchs aufgehoben. Über die Höhe der Hinzuschätzung soll das Finanzgericht erneut verhandeln.
Vom BFH aufgehoben wurde auch eine andere Entscheidung der Vorinstanz: Aus Sicht des Hessischen Finanzgerichts war die Anforderung des Finanzamtes „in Ermangelung einer die Datenanforderung stützenden gesetzlichen Grundlage rechtswidrig“. Das beklagte Finanzamt Bensheim hatte durchgesetzt, dass sich der BFH mit der Sache befassen muss.
Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt hatte dagegen in erster Instanz dem Finanzamt Stendal recht gegeben. Grundsätzlich seien alle steuerrelevanten Informationen der Warenwirtschaft aufzubewahren, entschieden die Richter im Mai 2013. Die Revision des Apothekers gegen das Urteil wurde jetzt zurückgewiesen.
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