Unwort des Jahres: Präqualifizierung APOTHEKE ADHOC, 31.12.2011 11:34 Uhr
Im Jahr 2011 hatten die Apotheker Vieles, über das sie sich ärgern konnten. Die Regierung presst ihnen mit dem AMNOG Millionen ab, die Krankenkassen kassieren wegen Nichteinhaltung der Rabattverträge oder Formfehlern auf Rezepten. Manchmal kristallisiert sich der ganze Frust in einem einzigen Ausdruck zum geflügelten Wort. APOTHEKE ADHOC hat die Leserinnen und Leser abstimmen lassen: Das Unwort des Jahres 2011 ist „Präqualifizierung“.
Das ist nur auf den ersten Blick ein Überraschungssieger. Denn der Ausdruck vereint zwei wesentliche Anforderungen an ein Unwort des Jahres. Er klingt einigermaßen gewollt und hat auch auf der Bedeutungsebene Potenzial zum Unruhestifter. Die Apotheken müssen sich prä-qualifizieren lassen, um auch künftig eine Aufgabe übernehmen zu dürfen, die sie seit Jahren wahrnehmen und die ihnen seit Jahren mehr Ärger als Einnahmen bringt – die Hilfsmittelversorgung.
Eigentlich dürfen sich Apotheker aufgrund ihrer Ausbildung als ausreichend qualifiziert ansehen, um Inhalatoren, Messgeräte oder Inkontinenzhilfen abzugeben. Schließlich müssen sie ihre Eignung auch bei der Abgabe von Betäubungsmitteln (BTM) nicht eigens und vorab unter Beweis stellen. Doch wenn eine Krankenkasse darauf besteht, müssen die Apotheken alle fünf Jahre zur „Präqualifizierungsstelle“. Und das kostet auch noch Geld. Für exakt ein Viertel der Teilnehmer war „Präqualifizierung“ damit das Unwort des Jahres 2011.
Auf Platz 2 landet mit 18 Prozent „Apotheke Light“. Dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) um jeden Preis und gegen den Widerstand der Fachverbände Erleichterungen für Filialapotheken durchboxen möchte, passt den Apothekern gar nicht. Denn Filialbetriebe ohne Rezeptur, Labor und Nachtdienst könnten – so die Befürchtung – der Türöffner für Großkonzerne sein. Natürlich ist der wirtschaftliche Betrieb einer Vollapotheke gerade nach dem AMNOG nicht immer „light“. Aber in dieser Systemfrage sind die Apotheker entschieden.
Einer der Unwort-Favoriten wurde knapp auf den dritten Platz verwiesen: 17 Prozent stimmten für „BTM-Formretax“. Darunter dürften etliche Betroffene sein, die von einer der radikaleren Betriebskrankenkassen (BKK) wegen vermeintlicher Formfehler des Arztes auf BTM-Verordnungen retaxiert wurden. Während sich die Rezeptprüffirma Protaxplus auf die BTM-Verschreibungsverordnung beruft, glauben die Apotheken an Schikane. Bisweilen geht es bei den Beanstandungen um vierstellige Summen, und die Kassen hinter Protaxplus sind zum Teil wirtschaftlich stark angeschlagen.
Nicht aufs Podium geschafft hat es „Apothekensonderopfer“ – jene Erhöhung des Kassenabschlags, mit der der damalige Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler (FDP) die Apotheken 2011 und 2012 belasten wollte. Dass sich die Großhändler um diese Vorgabe nicht scheren und die Schiedsstelle sie etwas eigenwillig auslegt, war 13 Prozent der Nutzer von APOTHEKE ADHOC die Wahl zum Unwort des Jahres wert.
Jeweils 7 Prozent der 765 Teilnehmer stimmten für „Metoprolol-Succinat“, „Konditionenkürzung“ und „Normgröße“. Auf den hinteren Plätzen landen „Rx-Boni“, „Schiedsspruch“, „Zyto-Ausschreibung“ und „Leitantrag“. Über Facebook wurden noch folgende Vorschläge gemacht: „AMNOG“, „Retax“, „Schuster“, „Bundesregierung“ und „Berufsanfänger“.