20 Jahre hat Apotheker Günther Sehlmann* als Selbstständiger Kammerbeitrag gezahlt. Danach war er als angestellter Approbierter tätig – und auch während der Rente verdient er sich etwas dazu. Da er in zwei Kammerbezirken tätig ist, zahlt er zweimal den vollen Beitrag – ein „unmöglicher Zustand“, kritisiert der 67-Jährige. Jetzt überlegt er, den einen Job zu kündigen.
Die Personalnot in Apotheken ist ein leidiges Thema und so manche Inhaber:in dürfte sich freuen, wenn die Approbierten zwar in Rente gehen, aber doch noch ein paar Stunden pro Woche im Betrieb mithelfen. So auch Sehlmann, der bei seinem alten Arbeitgeber rund zehn Stunden pro Woche mithilft. „Dort bin ich auf Steuerkarte angestellt“, sagt der Pharmazeut, der vor anderthalb Jahren in Rente gegangen ist.
Weil er in Nordrhein angestellt ist, zahlt er dort den vollen Kammerbeitrag in Höhe von 196 Euro. „Ich muss aber doppelt zahlen“, moniert er. Denn für eine frühere Studienkollegin springt er als Minijobber ebenfalls noch mit ein. Die Apotheke liegt in Westfalen-Lippe – dort würden jährlich 168 Euro* Kammerbeitrag fällig. „Dieser Zustand ist einfach unmöglich und volles ‚In dieTasche greifen‘, zumal ich ja nicht in Vollzeit arbeite. Offensichtlich will man wegen der rückläufigen Anzahl von Apotheken und damit Beitragszahler selbst Minijobber ausnehmen.“ Er überlegt, diese Tätigkeit zu kündigen.
Für die Pflichtmitgliedschaft in der Kammer besteht keine Altersgrenze. Der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) etwa gehören alle Apotheker:innen an, die im Landesteil ihren Beruf ausüben, oder, falls sie ihren Beruf nicht ausüben, ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Befreit von der Zahlung sind laut Beitragsordnung beispielsweise nur Pharmazeut:innen im Praktikum (PhiP), Arbeitslosengeldempfänger:innen oder Unterstützungsempfänger:innen der Fürsorgeeinrichtungen. „In Härtefällen können Beiträge auf begründeten Antrag gestundet sowie ganz oder teilweise erlassen werden“, heißt es weiter.
Auf eine solche Härtefallregelung verweist auch die Kammer Nordrhein. Kammerangehörige könnten beantragen, dass der Beitrag bei Vorliegen eines wirtschaftlichen oder besonderen persönlichen Härtefalls gestundet, reduziert oder erlassen werde. Eine Aussicht auf Erfolg habe ein solcher Antrag nicht, ist sich Sehlmann sicher. Dafür sei seine Rente nicht niedrig genug. Auf der anderen Seite sei diese auch nicht so hoch wie erhofft. Angesichts mehrerer Veränderungen beim Versorgungswerk fehlten ihm 700 Euro monatlich.
Auch deshalb ist er jetzt noch im Dienst. „Was kaum einer weiß ist, dass man seine Altersrente erhöhen kann, wenn man als Rentner weiter in die gesetzliche Versicherung mit einbezahlt. Ich habe jetzt schon 100 Euro netto mehr.“ Vier bis fünf Jahre will er noch durchhalten. „Ich finde es nicht schlimm, zu arbeiten und sage den Kollegen immer, kümmert euch um eure Rente.“ Der Beruf mache „prinzipiell“ Spaß. Doch seit es die Rabattverträge gebe und Rezepturen ein Minusgeschäft und mit viel Bürokratie verbunden seien, sei der Frust gestiegen.
*Name von der Redaktion geändert
*zuvor hatte es 96 Euro geheißen. Der Betrag wurde 2020 eingefordert
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