Umweltschutz

Plastiktüte: Auf die Frage kommt es an

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Berlin -

Viele Kunden lassen ihren Apothekeneinkauf gerne in einer Plastiktüte verpacken. Aufgrund einer neuen EU-Richtlinie könnte sich dies ab voraussichtlich April 2016 ändern; dann soll die Tüte nicht mehr gratis abgegeben werden. Bereits jetzt versuchen umweltbewusste Apothekeninhaber Verpackungsmüll zu vermeiden. Zum Einsatz kommen neben Plastiktragetaschen auch Tüten aus Papier, langlebigem Polypropylen oder Stoffbeutel. Laut einer Umfrage von APOTHEKE ADHOC landen Apothekeneinkäufe nur selten automatisch in einer Tüte.

199 Leserinnen und Leser von APOTHEKE ADHOC die sich am 2. und 3. November an der Umfrage beteiligt. Demnach landen nur 7 Prozent aller Apothekeneinkäufe automatisch in einer Tüte. 57 Prozent geben einen Beutel lediglich auf Anfrage heraus, 38 Prozent der Apotheker machen die Entscheidung vom Umfang des Einkaufs abhängig. 10 Prozent nutzen in jedem Fall eine ökologische Variante, 3 Prozent der Befragten nehmen bereits heute eine Gebühr für eine Plastiktüte. Mehrfachnennungen waren möglich.

„Wenn ich Kunden frage, ob sie eine Tüte benötigen, sagen die meisten 'Ja'“, berichtet Joachim Canzler, Inhaber der Löwen-Apotheke im sächsischen Frankenberg. „Pro Tag geben wir daher mindestens 70 Tüten ab“, schätzt er. Diese kaufe er vorrangig selbst ein. Der Rest werde von Außendienstmitarbeitern der Hersteller mitgebracht.

Matthias Pietzner, Inhaber der Phönix-Apotheke in Stuhr bei Bremen, kann nachvollziehen, dass manche Kunden eine Tüte fordern. Eine blickdichte Verpackung werde zum Beispiel beim Kauf von Schwangerschaftstests gewünscht. Ein Vorteil für die Apotheke liege darin, dass sich eine Tragetasche als Werbefläche für den eigenen Betrieb anbiete.

Dass Kunden aus Gründen der Diskretion nach einer Tüte verlangten, glaubt Heike Gerull, Inhaberin der Märkischen Apotheke in Kamen-Heeren, nicht: „Die meisten wollen einfach nicht, dass die Medikamente lose im Auto umher fliegen und dann möglicherweise später von den Kindern aufgesammelt werden.“

„In den Supermärkten muss man für die Tüten zahlen, nur in der Apotheke sind sie noch gratis“, kritisiert die umweltbewusste Apothekerin. Stammkunden erhalten von ihr Taschen aus Stoff. Manche Kunden kämen auch von sich aus mit einem Beutel oder einer wiederverwendeten Tüte in die Apotheke. Für den Botendienst nutze sie außerdem Papiertüten.

Auch in der Adler-Apotheke in Ellwangen kommt möglichst Papier zum Einsatz. „Plastik geben wir eigentlich nur heraus, wenn es regnet“, berichtet eine Mitarbeiterin. Daniel Birkhofer, Hersteller des ökologischen „Tütle“, einer feuchtigkeitsresistenten Papiertüte, zeigt den Nachteil der Plastikbeutel auf: „Umweltverbände kritisieren vor allem das Format. Die kleinen Tüten können nicht wiederverwendet werden“, sagt er. Darüber hinaus werde moniert, dass Apotheker im Alltag häufig ungefragt die Einkäufe der Kunden eintüteten.

Er rechnet vor, was das für Folgen hat: „Die ABDA geht von 3,6 Millionen Kundenkontakten in den deutschen Apotheken aus. Wenn davon nur 50 Prozent einen Plastikbeutel bekommen, beläuft sich das auf mehr als 500 Millionen Tüten, die jährlich in Apotheken abgegeben werden.“

Das geht auch anders. „Wir schenken jedem Kunden, der auf die Tüte verzichtet, fünf Cent“, berichtet eine Mitarbeiterin der Engel-Apotheke in Ulm. Seit März laufe diese Aktion, und der Verbrauch habe sich deutlich reduziert: „Viele Kunden verzichten nun auf die Tüte.“

Zuvor hätten sie jede zweite Woche Plastikbeutel nachbestellen müssen, da immer zu wenige vorrätig gewesen seien. „Inzwischen bestellen wir vielleicht jeden zweiten Monat“, sagt sie. Entsprechend seien auch die Ausgaben zurückgegangen.

Die Pelikan-Apotheke im sächsischen Reichenbach hat im Oktober für jeden Kunden, der auf die Plastiktasche verzichtet hat, fünf Cent gespendet. „Auch nach der Aktion verzichten viele unserer Kunden auf den Plastikbeutel. Und das, obwohl sie im Moment häufig noch einen Kalender mitnehmen“, berichtet Apothekerin Christiane Wohlrab „Die Aktion scheint tatsächlich eine nachhaltige Wirkung zu haben“, sagt sie. Die Mitarbeiter hätten aber auch ihre Fragetechnik angepasst. Statt „Möchten Sie eine Tüte?“ fragten die Angestellten nun „Geht es ohne Tüte?“, erzählt Wohlrab.

Die Firma Wepa bietet neben Plastiktüten auch Papiertüten an. Noch machten die umweltfreundlicheren Taschen nur etwa ein Fünftel der Bestellungen aus. Der Grund dafür könnte im Preis liegen: Für einen Plastikbeutel mit einem Fassungsvermögen von zwei Litern zahlen Apotheker etwa 2 Cent, für einen aus Papier dagegen etwas mehr als sechs.

Vom kommenden April an sollen alle Geschäfte vom Kunden eine Gebühr für Plastiktaschen verlangen. Damit soll eine EU-Richtlinie umgesetzt werden, die vorgibt, dass der Pro-Kopf-Verbrauch bis 2026 auf 40 Tüten pro Jahr sinken soll. Bisher liegt dieser Wert in Deutschland bei 71.

Das ist bereits der zweite politische Versuch, Verpackungsmüll zu reduzieren. Bislang werden laut Verpackungsverordnung Entsorgungsgebühren für Plastiktüten von den Händlern eingezogen. Die Wepa weist diese auf ihren Rechnungen separat aus und berechnet Apotheken den Betrag zusammen mit dem Kaufpreis. Die Gebühr kommt einem Betrieb für Abfallwirtschaft zu. Im Jahr 2015 werden pro Kilogramm Kunststoffverpackung 62 Cent, für Papiermüll neun Cent plus Mehrwertsteuer fällig.

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