Labor-Debatte

Umtausch ausgeschlossen – warum eigentlich? Alexander Müller, 05.12.2017 10:37 Uhr

Berlin - 

Wenn Kunden ihre Hausapotheke aufräumen oder die weitgereiste Reiseapotheke entsorgen, kommen sie damit am liebsten in die Apotheke. Die darf sich dann um die Entsorgung kümmern, die Annahme aber auch verweigern. Nur eines steht fest: Erneut abgeben dürfen sie die Arzneimittel nicht. Versandapotheken sind zudem vom Widerrufsrecht ihrer Kunden bedroht.

Apotheker kämen kaum auf die Idee, eine zurückgegebene Packung erneut zu verkaufen. Dabei gibt es keine explizite Regelung, die besagt, dass diese Arzneimittel nicht wieder in Verkehr gebracht werden dürfen. Allerdings folgt das Verbot unmittelbar aus den Vorschriften dem Arzneimittelgesetz (AMG). Danach macht man sich strafbar, wenn man bedenkliche Arzneimittel in Verkehr bringt.

Der Apotheker muss zudem garantieren, dass jedes in seiner Offizin abgegebene Arzneimittel unter korrekten Bedingungen gelagert wurde. Sobald die Packung die Apotheke einmal verlassen hat, kann er dafür aber nicht mehr einstehen. Damit ist die Qualität des Arzneimittels nicht mehr gewährleistet.

Selbst wenn der Patient einen vorschriftsgemäßen Umgang zusichert, darf sich der Pharmazeut darauf nicht verlassen. Er darf das Medikament nicht mehr abgeben. Die Kommentierung der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) ist an dieser Stelle ebenfalls unzweideutig.

Im Labor, der neuen Crowd von APOTHEKE ADHOC wurde über die Rücknahme diskutiert: Ein Nutzer spricht von einem „Graubereich“, da die Ware die Apotheke bereits verlassen habe. Ein anderer schreibt, bei ihnen würde konsequent überhaupt keine Ware zurückgenommen werden. Und eine PTA beschreibt die Praxis in ihrer Apotheke. Die Kassenbons tragen den Zusatz „Medikamente sind von der Rücknahme ausgeschlossen” – die Kunden hätten das bis dato allesamt verstanden.

Es gibt allerdings Fälle, in denen Apotheken zur Rücknahme verpflichtet sind. Das betrifft zum einen jeden amtlichen Rückruf. Im extremsten Fall – wenn Gefahren für die Gesundheit der Anwender bestehen – muss der Apotheker die Patienten sogar aktiv informieren. Wichtig dabei: Ohne Rezept bekommt der Patient keinen Ersatz ausgehändigt.

Zurücknehmen müssen Apotheken auch Arzneimittel, deren Verfallsdatum abgelaufen ist oder während der Therapiedauer verfallen. Auch gefälschte Arzneimittel lösen eine Rücknahmeverpflichtung seitens der Apotheke aus. Auf einen im Einzelhandel ansonsten üblichen Umtausch aus Kulanzgründen haben Apothekenkunden dagegen keinen Anspruch. Apotheken sind übrigens auch nicht verpflichtet, alte Medikamente zurückzunehmen. Viele tun dies trotzdem als Service für die Kunden und damit die Altarzneimittel korrekt entsorgt werden.

Schwieriger gestaltet sich das Thema für Versandapotheken. Denn nach einem aktuellen Urteil des Berliner Landgerichts dürfen Versender die Rücknahme von Arzneimitteln nicht in den Geschäftsbedingungen grundsätzlich ausschließen. Die Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) hatte die niederländische Versandapotheke DocMorris verklagt und in erster Instanz gewonnen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Zuvor hatte schon das Oberlandesgericht Naumburg (OLG) entschieden, dass ein genereller Ausschluss des Widerrufsrechts bei apotheken- und verschreibungspflichtigen Arzneimitteln unzulässig ist. Ansonsten würden die Kunden unangemessen benachteiligt. Zwar sehe das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) vor, dass bei schnell verderblichen Waren oder solchen mit kurzem Verfallsdatum kein Widerrufsrecht bestehe, für Arzneimittel gebe es aber eben keine generelle Ausnahme.

Die beklagte Versandapotheke ipill (Adler-Apotheke, Gräfenhainichen) hatte widersprochen. Aufgrund der Vorschriften der ApBetrO gebe es eine „rechtliche Verderblichkeit“. Dem folgte das OLG jedoch nicht. Ähnlich erging es der Versandapotheke Apovia (Apotheke Dr. Braun, Stockach). Auch hier war der Widerruf ausgeschlossen, auch hier hatten die Anwälte auf die rechtliche Verderblichkeit abgestellt. Und auch hier sah das Landgericht Koblenz keine rechtliche Grundlage dafür, apotheken- oder rezeptpflichtige Arzneimittel generell vom Widerrufsrecht auszuschließen.