Umkämpfteste Rezeptsammelstelle Deutschlands abgebaut Carolin Ciulli, 22.10.2024 14:21 Uhr
Noch hängt das Apotheken-A in einem Supermarkt in Herne – doch auch dieses letzte Zeichen der langjährigen Rezeptsammelstelle der Pinguin-Apotheke wird abgebaut. Inhaberin Dr. Kerstin Boje-Petzokat kämpfte lange für die Rezeptbox, der Streit ging bis vor das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG). Doch zuletzt blieb der Rezeptkasten zu oft leer.
Anfang vergangene Woche holte der Fahrer der Pinguin-Apotheke den Rezeptkasten im Rewe-Center in Herne ab. Die Gründe für das Ende der umkämpften Sammelstelle haben mit der Einführung des E-Rezepts zu tun. Denn seitdem die Praxen seit Anfang des Jahres immer mehr digitale Verordnungen ausstellen, hat Muster-16 ausgedient. Das spüren auch die Apotheken. „Durch das E-Rezept wird nichts mehr eingeworfen“, sagt Zehra Özden, Filialleiterin der Pinguin-Apotheke.
E-Rezept verdrängt Sammelstellen
Ausgedruckte E-Rezept-Token gibt es nur von wenigen Praxen – die meisten nutzten die Möglichkeit, die verordneten Arzneimittel auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) zu speichern. „Die Kunden werfen ihre Gesundheitskarte aber nicht gerne rein“, sagt Özden. Mit der Einführung von CardLink dürften Rezeptsammelstellen weiter unattraktiv werden und vom Markt verschwinden – stattdessen werden E-Rezept-Terminals in Supermärkten aufgebaut.
Die Pinguin-Apotheke sammelte nicht nur im Rewe-Center, sondern auch bei Edeka Verordnungen ein. Auch dort gebe es die Sammelstelle nicht mehr. Der Botendienstfahrer kann sich jetzt wieder auf die Lieferungen konzentrieren und muss nicht mehr unnötig die Rezeptboxen abfahren. Dadurch werde Zeit gespart. Nur das rote Apotheken-A, das bei Rewe deutlich sichtbar am Infopoint hängt, muss noch abgebaut werden. Der Auftrag sei bereits erteilt, heißt es dort.
Supermarkt-Sammelstelle = Versandhandel
Boje-Petzokat setzte sich dafür ein, dass Apotheken mit Versandhandelserlaubnis Bestellungen in ihrem lokalen Umfeld auch mit dem eigenen Botendienst beliefern dürfen. Der Fall wurde im April 2020 nach mehreren Instanzen vor dem BVerwG entschieden. Der Betrieb einer Rezeptsammelstelle in einem Supermarkt wurde damit als eine Spielart des Versandhandels zulässig.
Die Inhaberin betrieb im Ruhrgebiet drei Apotheken, als sie Ende 2014 eine Rezeptsammelbox in einem Edeka-Supermarkt installierte. Mit einem zwei Meter großen Aufsteller im Eingangsbereich des Marktes wollte sie Rezepte und OTC-Bestellungen einsammeln, die die Kunden zusammen mit einem ausgefüllten Bestellschein in einen Umschlag stecken und in den angebrachten Briefkasten werfen konnten.
Dieser Kasten wurde von Angestellten wochentags einmal täglich geleert. Im Stadtgebiet lieferte sie die Bestellungen versandkostenfrei durch Apothekenboten aus. Für Zustellungen außerhalb des Stadtgebietes beauftragte sie einen externen Dienstleister, wobei für den Kunden Versandkosten anfielen.
Die Apothekerin verfügte seit Dezember 2006 über eine Versanderlaubnis. Doch die Aufsichtsbehörde bewertete das Konstrukt als nicht genehmigte Rezeptsammelstelle in einem Gewerbebetrieb und untersagte den Betrieb – letztlich setzte sich die Inhaberin durch.