Ob 2G, Lockdown für Ungeimpfte oder Impfpflicht: Viele Corona-Maßnahmen der Politik fußen darauf, dass der Impfstatus des Einzelnen erfasst ist und nachgewiesen werden kann. Doch das digitale Impfzertifikat hat eine entscheidende Schwachstelle – immer häufiger werden gefälschte Impfpässe in den Apotheken vorgelegt. Die Apothekenteams sind zunehmend desillusioniert, wie eine Umfrage von aposcope ergab.
94 Prozent der Teilnehmer:innen gaben an, dass in ihrer Apotheke digitale Impfzertifikate ausgestellt werden, im Durchschnitt sind es rund 20 Zertifikate am Tag, insgesamt bislang 3000. Laut 40 Prozent dieser Befragten sind bereits Fälschungen aufgetaucht – insgesamt könnten 8 Prozent aller vorgelegten Impfpässe gefälscht sein, so die Schätzung.
Die Apothekenteams nehmen die Aufgabe sehr ernst. Wo mutmaßliche Fälschungen bereits aufgetaucht sind, reagierten die Mitarbeiter:innen unterschiedlich:
Dass sich Apotheken von vornherein schützen, kommt selten vor: Nur 11 Prozent stellen ausschließlich Zertifikate für Stammkund:innen aus, nur 33 Prozent nimmt nur wohnortnahe Nachweise. Blanko-Impfpässe werden übrigens laut 42 Prozent trotzdem angeboten, allerdings in der Mehrzahl der Fälle beschränkt auf ein Heft pro Kund:in (63 Prozent).
Woran erkennt man Kund:innen, die gefälschte Impfpässe vorlegen? Gar nicht, so das Ergebnis der Umfrage: 48 Prozent der befragten Apotheker:innen und PTA gaben zwar an, dass es überwiegend 20- bis unter 45-Jährige seien und auch Männer wurden von 33 Prozent genannt. Aber ansonsten wurden keine besonderen Charakteristika genannt, 39 Prozent gaben sogar an, es gebe keine typische Person.
58 Prozent der Teilnehmer:innen hätten nicht erwartet, dass derart viele gefälschte Impfpässe in der Apotheke vorgelegt werden. Jede:r Zweite fürchtet sogar um die eigene Sicherheit, weil Apotheken in den Fokus von Menschen mit gefälschtem Impfpass geraten (51 Prozent). Drei von vier Befragten finden, dass es nicht Aufgabe der Apotheken ist, Menschen mit gefälschten Impfpässen das Handwerk zu legen. Und 11 Prozent gaben sogar zu, dass sie auch bei Verdacht auf eine Fälschung das Zertifikat ausstellen, da sie die Diskussionen leid sind.
Dennoch: 84 Prozent haben kein Verständnis dafür, dass sich Impfverweigerer einen gefälschten Impfpass besorgen. Im Gegenteil: Neun von zehn Befragten finden sogar, dass Menschen, die einen gefälschten Impfpass benutzen, streng bestraft werden sollten. Denn die Folgen sind gravierend:
93 Prozent finden, dass von vornherein klar war, dass mit Verschärfung der Maßnahmen zunehmend Impfpässe gefälscht werden. Laut 87 Prozent hätte die Politik wissen können, welches Ausmaß das Problem gefälschter Impfpässe annehmen würde. 77 Prozent rechnen damit, dass die neuen und künftigen Maßnahmen noch mehr Menschen mit gefälschten Impfpässen in die Apotheke treiben. Dass nur noch Arztpraxen und Impfzentren die erforderlichen Zertifikate ausstellen sollten, halten immerhin 42 Prozent für eine gute Idee.
28 Prozent der Teilnehmer:innen teilen die Einschätzung, dass sich das Konzept der digitalen Impfzertifikate nicht bewährt hat und sofort eingestellt werden sollte. Jede:r dritte Befragte findet außerdem, dass Impfzertifikate unnötig sind, da sie ohnehin nicht flächendeckend kontrolliert werden können. 80 Prozent gaben an, dass dies dort, wo 2G gelte, nicht ausreichend geschehe.
Weil niemand mehr die Kontrolle über die durchgeführten Impfungen habe, werde es unmöglich sein, ein neues fälschungssicheres System aufzubauen, finden 78 Prozent. 43 Prozent sehen die Hauptverantwortung beim geschäftsführenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.
Die derzeit viel diskutierte allgemeine Impfpflicht befürworten zwar drei von vier Teilnehmer:innen. Allerdings rechnen 89 Prozent auch damit, dass dies zu Protesten oder sogar Ausschreitungen führen würde. An der aposcope-Befragung nahmen am 23. November insgesamt 312 verifizierte Apotheker:innen und PTA teil.
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