APOTHEKE ADHOC Umfrage

Apotheker fürchten Preis-Chaos – Ratiopharm nicht

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Berlin -

Rabatte für verschreibungspflichtige Arzneimittel, die in Teilmengen abgegeben werden, wurden von ganz oben abgesegnet: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) nicht gilt, wenn nur Teilmengen eines Fertigarzneimittels abgegeben, Medikamente also ausgeeinzelt oder verblistert werden. Bei einer Umfrage von APOTHEKE ADHOC stand die Mehrheit der Teilnehmer dieser Praxis kritisch gegenüber.

Drei Viertel der Teilnehmer betrachten die Entscheidung mit Sorge: Sie halten Rabatte für Teilmengen verschreibungspflichtiger Arzneimittel für gefährlich, da dadurch die Preisbindung aufgeweicht werde. Der BGH hat entschieden, dass für Teilmengen von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln keine Preisbindung gilt – theoretisch könnte nun also jede Bündelpackung ausgeeinzelt und zu eigenen Preisen verkauft werden.

Kritisch sieht das Urteil daher auch Dr. Bettina Mecking, Juristin bei der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR). Sie hat die Politik aufgefordert, schnell zu reagieren, „bevor es durch die zu erwartenden Umgehungen zu einer nachhaltigen Schädigung kommt“. Das Risiko eines Missbrauchs sei nicht gering einzuschätzen, sondern stelle eine ernstzunehmende Gefahr dar.

Für kontraproduktiv halten die 7 Prozent der Umfrageteilnehmer. Sie meinen, dass mit Nachlässen auf verschreibungspflichtige Arzneimittel niemandem geholfen werde. Weitere 8 Prozent sind der Meinung, dass Rabatte für Rx-Teilmengen im Alltag ohnehin keine Rolle spielen.

Diese Haltung vertritt man auch bei Ratiopharm. Ein Vertrag des Generikakonzerns mit Apotheken, in denen die Preise für Arzneimittel zur patientenindividuellen Verblisterung (PAV) als „frei verhandelbar“ festgelegt waren, war Gegenstand des BGH-Verfahrens. Die Wettbewerbszentrale war – letztlich erfolglos – gegen die Klausel vorgegangen. Die Rabatte wurden „höchstrichterlich und rechtskräftig“ für zulässig erklärt, freut sich der Hersteller.

Bei Ratiopharm ist man aber überzeugt, dass das Urteil „nicht zu wesentlichen Verschiebungen am Markt führen“ wird. „Die pharmazeutischen Hersteller sind durch die sehr hohen Rabatte für Rx-Produkte aus weit verbreiteten Rabattverträgen mit den Krankenkassen bereits so sehr wirtschaftlich unter Druck, dass sie im Bereich der PAV kaum über wirtschaftliche Spielräume in der Preisgestaltung verfügen“, so eine Sprecherin.

7 Prozent der Umfrageteilnehmer finden Rabatte auf Teilmengen rezeptpflichtiger Medikamente gut. Das helfe den Apotheken und damit auch den Patienten, meinen sie. Davon waren auch die Richter in Karlsruhe überzeugt. Sie entschieden sich dafür, die Vorschrift zu den Ausnahmen für Teilmengen nicht eng auszulegen, um die Verblisterung, „die Fehlmedikationen durch falsche Arzneimitteleinnahme zu verhindern hilft, nicht zu behindern“.

An der Umfrage nahmen am 12. und 13. August 2015 insgesamt 259 Leserinnen und Leser von APOTHEKE ADHOC teil.

Das Missbrauchspotential, das 75 Prozent der Umfrageteilnehmer sahen, erkannten die Richter am BGH nicht: „Für eine ernstzunehmende Gefahr eines solchen Verhaltens ist auch nichts ersichtlich.“ Anders sah es die Wettbewerbszentrale. Dort wird die nun bestätigte Regelung als „Einfallstor für die Umgehung der Preisbindung“ bezeichnet.

Kritiker des Urteils fürchten daher weitreichende Folgen: Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas von der Freiburger Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen hält die Entscheidung mit Blick auf den Streit um Rx-Boni ausländischer Versandapotheken für „ein Desaster“. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) hatte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) im März einen Streit um Rx-Boni von DocMorrs vorgelegt.

Die BGH-Entscheidung könnte den Damm zum Brechen bringen, warnt Douglas – schließlich lasse sich schwer erklären, warum das Festhalten an den Festpreisen nötig sei, wenn beim zunehmend an Bedeutung gewinnenden Blistern eine Ausnahme gemacht werde.

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