Laut einer aktuellen Umfrage der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (Apobank) sehen gut zwei Drittel der niedergelassenen Heilberuflerinnen und Heilberufler erhebliches Optimierungspotenzial beim Betrieb von Praxen und Apotheken. Was jedoch fehlt, sind Zeit und Personal. Besonders dringend sei eine Entlastung von bürokratischen Aufgaben. In Apotheken fällt dabei der meiste Verwaltungsaufwand an: Rund ein Drittel der verfügbaren Arbeitszeit wird für administrative Tätigkeiten verwendet.
„Hinterfragt werden vor allem das eigene Leistungsangebot sowie die Arbeitsabläufe – hier sehen die Praxis- und Apothekeninhaber viel Luft nach oben, doch fast immer fehlt dafür die Zeit“, sagt Daniel Zehnich, Leiter des Bereichs Gesundheitsmarkt und Beteiligungen bei der Apobank. „Im Vordergrund stehen natürlich die Behandlung von Patienten und die Beratung von Kunden, aber auch die Verwaltung und Organisation der Praxen und Apotheken nehmen so viel Raum ein, dass für die strategische Weiterentwicklung nur wenig Zeit bleibt“, kritisiert er.
Eine Apotheke berate im Schnitt über 10.000 Kundinnen und Kunden pro Quartal, von denen 80 Prozent Stammkunden sein. Insgesamt entfallen etwa 43 Prozent der verfügbaren Arbeitszeit auf die Beratung. Fast 30 Prozent werden für die Verwaltung aufgewendet – deutlich mehr als in Arzt- und Zahnarztpraxen. Für die Führung und Weiterentwicklung von Mitarbeitenden bleiben 7 Prozent, für die strategische Weiterentwicklung der Apotheke 6 Prozent. Eigene Weiter- und Fortbildungen nehmen lediglich 5 Prozent der Zeit in Anspruch.
Während Arztpraxen laut der Umfrage vielerorts ihre Kapazitätsgrenzen erreichen, sehen sich Apothekerinnen und Apotheker verstärkt mit Wettbewerbsdruck durch den Versandhandel konfrontiert. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, setzen 88 Prozent der Befragten auf Botendienste. Zudem bieten 65 Prozent neue pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) an, um Kundinnen und Kunden zu gewinnen und langfristig an ihre Vor-Ort-Apotheke zu binden.
Allerdings wird der Fachkräftemangel zu einem immer größeren Problem: 42 Prozent der befragten Apothekerinnen und Apotheker berichten von offenen Stellen – sowohl für angestellte Apothekerinnen und Apotheker als auch für PTA. Im Schnitt suchten Apothekeninhaberinnen und Inhaber rund zehn Monate nach Personal, länger als Haus- und Zahnärzte. Nur Fachärzte gaben mit durchschnittlich zwölf Monaten eine noch längere Dauer an.
Im Schnitt versorgten die befragten Hausärztinnen und -ärzte rund 1400 Patienten pro Quartal. Insgesamt, schätzten die Befragten, entfielen rund zwei Drittel ihrer Arbeitszeit auf die reine Behandlung. Auch hier verschärfe der Fachkräftemangel die Situation: 30 Prozent der befragten Hausärztinnen und Hausärzte melden offene Stellen. Rund ein Fünftel der Praxisinhaberinnen und -inhaber gaben an, dass sie derzeit keine neuen Patienten mehr aufnehmen können.
Der zweite große Posten war mit 18 Prozent die Praxisverwaltung. Für die Mitarbeiterführung blieb nur 6 Prozent und für die eigene Weiterbildung mit 5 Prozent der verfügbaren Arbeitszeit frei. Entsprechend bleibt für die Weiterentwicklung der Praxis mit 3 Prozent der Zeit übrig – und das obwohl rund 80 Prozent der Befragten angaben, Verbesserungsbedarf beim Leistungsangebot und 75 Prozent der Befragten Verbesserungsbedarf bei den Arbeitsabläufen zu sehen.
Ähnlich sah es laut der Umfrage in Facharztpraxen aus: Für die knapp 1300 Patienten im Quartal setzten sie 69 Prozent ihrer Arbeitszeit ein. Den Verwaltungsaufwand bezifferten sie dagegen mit nur 16. Ein Viertel der Fachärzte gab an, unbesetzte Stellen zu haben, und 62 Prozent erklärten, sie hätten Schwierigkeiten Mitarbeiter zu finden. Insgesamt sehen auch Fachärztinnen und Fachärzte in ihren Praxen ein hohes Optimierungspotenzial – insbesondere bei Erweiterung ihres Patientenstamms, Schärfung des Leistungsangebots sowie Ausstattung der Praxisräumlichkeiten.
Die meisten offenen Stellen meldeten im Rahmen der Umfrage die Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner: Fast jede zweite Praxis suchte nach Mitarbeitern. Entsprechend haben mit 66 Prozent die Zahnärzte von allen Heilberufsgruppen am häufigsten angegeben, Schwierigkeiten zu haben, neues und geeignetes Personal zu finden. Im Schnitt dauert die Suche hier sieben Monaten.
Die Zeitverteilung war laut der Umfrage in Zahnarztpraxen ähnlich wie die in Haus- und Facharztpraxen. 68 Prozent entfalle auf die Patientenbehandlung, mit 16 Prozent ist auch hier Administration ein großes Thema. Die Zeit, die sie sich für die Mitarbeiter nehmen, schätzten sie auf 6 Prozent, für die eigene Fortbildung 4 Prozent und für die Entwicklung der Praxis blieb mit 3 Prozent auch den zahnärztlichen Inhaberinnen und Inhabern nicht viel Zeit.
„Den Bedarf nach Optimierung spiegeln uns die Befragten grundsätzlich in fast allen Bereichen, aber auch, dass dafür keine Zeit bleibt, und hier entsteht ein Teufelskreis, denn an den Arbeitsabläufen lässt sich in der Regel immer etwas tun, um mehr Ressourcen zu gewinnen“, sagt Zehnich. Gleichzeitig machten Berater der Apobank regelmäßig die Erfahrung, dass gezielte Modernisierungsmaßnahmen, intensivere Kostenkontrolle oder die Anpassung mancher Prozesse die Wirtschaftlichkeit und die Zufriedenheit der Teams verbesserten.
„Im Endeffekt ist das auch das beste Vorgehen gegen den Fachkräftemangel, weil wirtschaftlich erfolgreiche Heilberuflerinnen und Heilberufler nur solche Gehälter zahlen können, die die Kostenstruktur der Praxis oder Apotheke hergibt. In Verbindung mit einem modernen Arbeitsplatz und gutem Betriebsklima sind das letztlich auch die wirksamsten Maßnahmen für langjährige Mitarbeiterbindung“, erklärt Zehnich.
Insgesamt haben rund 400 Ärzte, Zahnärzte und Apotheker an der Online-Befragung diesen Juli teilgenommen. Dabei kamen jeweils 100 Befragte aus den Bereichen Allgemeinmedizin, Fachmedizin, Zahnmedizin und Pharmazie.
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