Zahlreiche Organisationen wie Apotheker ohne Grenzen oder Action Medeor sammeln Arzneimittelspenden und bringen diese in die Krisengebiete der Ukraine. Doch wie verhält es sich eigentlich mit den Flüchtlingen, die in Deutschland ankommen? Können Apotheken ukrainische Flüchtlinge mit Arzneimitteln versorgen? Durch das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) haben Betroffene aktuell nur begrenzten Zugang zu Arzneimitteln.
Ukrainische Flüchtlinge haben Anspruch auf eine medizinische Grundversorgung. Im Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) stehen klare Vorgaben, welche Behandlungen und Arznei- sowie Verbandmittel übernommen werden. So ist durch das Gesetz nur die Kostenübernahme für die „Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände“ gesichert. Die Versorgung mit Arznei- und Verbandsmitteln erfolgt ebenfalls. Schwangere erhalten alle notwendigen Behandlungen, Vorsorgeuntersuchungen und Arznei- und Verbandmittel.
Laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) wird die gesamte notwendige gesundheitliche Versorgung gewährleistet. „Hierunter kann auch eine psychologische/psychotherapeutische Behandlung fallen. Personen, die wie in der aktuellen Situation vor Krieg in ihrem Heimatland fliehen und besondere Bedürfnisse haben, erhalten eine über den üblichen Umfang des AsylbLG hinausgehende Versorgung“, teilt das Ministerium mit. „Die Übernahme der Kosten für die medizinische Versorgung kann […] auch die Kosten für Transporte und Verlegungen in andere Krankenhäuser im Inland, soweit dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen erforderlich ist, umfassen.“ In welchem Rahmen eine Kostenübernahme für Arzneimittel, die nicht zur Akutversorgung eines Leidens gedacht sind, möglich ist, erläutert das Ministerium nicht.
Zuständig für die Leistungsgewährung nach dem AsylbLG sei grundsätzlich die jeweilige Landesbehörde. Es bestehe die Möglichkeit einer auftragsweisen Betreuung durch die Krankenkassen. „Hierfür bedarf es einer entsprechenden Vereinbarung zwischen den jeweiligen Bundesländern (Landesregierung oder beauftragte Landesbehörde) und den beigetretenen gesetzlichen Krankenkassen. Weitere Vereinbarungen können geschlossen werden, wenn die jeweiligen Bundesländer dies wünschen.“
Nach der Ankunft in Deutschland müssen sich die ukrainischen Flüchtlinge registrieren. Nach der Registrierung kann ein Behandlungsschein ausgestellt werden. In Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen können auch die Kassen dieses Dokument erstellen. In diesen neun Bundesländern wird den Geflüchteten eine elektronische Gesundheitskarte ausgehändigt. Hierdurch erleichter sich die Abrechnung für Ärzt:innen und Krankenhäuser.
Notfall: Eine dringende Behandlung kann im Notfall auch ohne Behandlungsschein erfolgen. Der gemeldete Aufenthaltsort oder die nachgewiesene Unterbringung in einer Einrichtung sind für die Inanspruchnahme ausreichend.
Apotheken müssen bisher keine Sonderregeln beachten. Die benötigten Arzneimittel werden auf dem gewohnten Muster-16-Rezept verordnet. Als Kostenträger sind entweder eine Krankenkasse oder die zuständige Stelle (Einrichtung) eingetragen. Zuzahlungen müssen die Geflüchteten nicht leisten, gleiches gilt für Mehrkosten.
Ukrainische Flüchtlinge können auf Sars-CoV-2 getestet werden und Corona-Impfungen in Anspruch nehmen. Die Abrechnung von Leistungen nach Coronavirus-Testverordnung und Coronavirus-Impfverordnung werden genauso abgerechnet wie bisher. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat ein Medienpaket zum Thema Impfen auf Ukrainisch zur Verfügung gestellt. Die bereitgestellten Informationsmaterialien erläutern alles rund um das Thema Covid-Schutzimpfung. Auch die AHA-Regeln werden thematisiert. Durch das AsylbLG werden auch die Kosten für weitere Schutzimpfungen (Hepatitis, Masern, Grippe) übernommen.
Die Impfquote in der Ukraine ist schlecht. Darüber hinaus sind viele Ukrainer:innen mit Sputnik oder Sinovac geimpft – die beiden Vakzine haben keine Zulassung in Deutschland. Laut BMG gilt: „Personen, die im Ausland bereits mit nicht in der EU zugelassenen COVID-19-Impfstoffen geimpft wurden, benötigen gemäß aktueller Rechtslage und unter Berücksichtigung der altersentsprechenden Impfempfehlungen eine erneute Impfserie mit einem von der europäischen Kommission zugelassenen Impfstoff, um in der EU den Status als Geimpfte zu erlangen.“ Im Abstand von 28 Tagen zur letzten Impfung kann erneut geimpft werden.
In den kommenden Tagen soll es eine Neuerung des Gesetzes für ukrainische Flüchtlinge geben. Das Spektrum an Leistungen, deren Kosten übernommen werden, soll erweitert werden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will zeitnah eine Regelung auf den Weg bringen, die es den Ankommenden ermöglicht, alle GKV-Leistungen nach der Registrierung in Anspruch zu nehmen. Für jeden angemeldeten Leistungsberechtigten werde eine elektronische Gesundheitskarte mit besonderer Statuszeichnung ausgegeben, die Länder übernähmen dafür die Kosten. „Es gibt darüber hinaus einen Anspruch auf Tests. Da
reicht das Dokument zur Identität und es gibt auch einen Anspruch auf Impfung“, so ein Sprecher des BMG.
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