Frauenanteil bricht überraschend ein

Übernahmen: Jede zehnte Apotheke unter 50.000 Euro

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Berlin -

Wer sich mit einer Apotheke selbstständig machen will, der kauft in der Regel einen bestehenden Standort: Die meisten Existenzgründerinnen und Existenzgründer übernehmen eine Apotheke, Neugründungen sind die Ausnahme. Die Bandbreite der Gesamtinvestitionen bleibt laut einer Analyse der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (Apobank) dabei groß – vom symbolischen Euro bis hin zum Millionenbetrag. Überraschend ist dagegen der deutlich gesunkene Anteil der Frauen.

Obwohl der Frauenanteil bei den Approbierten in den Apotheken mit 82 Prozent sehr hoch liegt, spiegelt sich das laut Apobank nicht bei den Existenzgründungen wider: Obwohl seit Jahren deutlich in der Mehrheit, waren Frauen immer unterrepräsentiert. 2022 sank der Frauenanteil unter den Existenzgründenden sogar deutlich – um 9 Prozentpunkte auf 48 Prozent.

Zahlen der Apobank aus den vergangenen Jahren zeigen, dass sich Apothekerinnen im Schnitt etwa zwei bis drei Jahre später selbstständig machen als ihre männlichen Kollegen. 2022 lag das Durchschnittsalter bei Existenzgründerinnen bei 39,3 Jahren gegenüber 36,3 Jahren bei Existenzgründern.

Auch beim Investitionsverhalten gibt es einen jahrelangen Trend, der sich laut den 400 im vergangenen Jahr von der Apobank begleiteten Gründungen fortgesetzt hat: Kleinere Apotheken mit einem Kaufpreis unter 300.000 Euro werden öfter von Existenzgründerinnen (47 Prozent) bevorzugt, hochpreisige Apotheken ab 600.000 Euro dagegen eher von Männern (34 Prozent), wobei auch hier der Frauenanteil laut Studie immerhin 26 Prozent beträgt.

Höchststand bei Investitionen

Die durchschnittlichen Gesamtinvestitionen erreichten mit 673.000 Euro einen neuen Höchststand. Dabei lag der Kaufpreis, der hier den größten Anteil ausmacht, bei 498.000 Euro. Allerdings kann dieser Durchschnittspreis immer nur eine grobe Orientierung liefern, da knapp zwei Drittel der Übernahmen unter diesem Wert lagen, und das zum Teil sehr deutlich: Jede beziehungsweise jeder zehnte Existenzgründende zahlte einen Kaufpreis von unter 50.000 Euro. Auf der anderen Seite nahmen 30 Prozent auch 600.000 Euro und mehr für die erste eigene Apotheke in die Hand, jede oder jeder Achte sogar eine Million Euro und mehr. Entsprechend hoch ist die Diskrepanz zwischen Durchschnitt und Median, der 2022 mit 353.000 Euro deutlich darunter lag.

„Die Kaufpreise der Apotheken hängen naturgemäß eng mit dem wirtschaftlichen Erfolg sowie der Angebots- und Nachfragesituation vor Ort zusammen“, erklärt Daniel Zehnich, Leiter des Bereichs Gesundheitsmarkt und Beteiligungen der Apobank. „An dieser enormen Bandbreite der Preise sehen wir auch, wie heterogen der Apothekenmarkt ist.“

Man beobachte schon seit Jahren zwei entgegengesetzte Entwicklungen: Einerseits steige der Anteil der Apotheken, für die auch die Existenzgründer bereit sind, hohe Beträge zu bezahlen. Andererseits stünden zahlreiche kleine Apotheken zum Verkauf, für die, wenn überhaupt, nur geringe oder gar symbolische Preise gezahlt werden. „Gänzlich unberücksichtigt bleibt natürlich eine ganze Reihe an Offizinen, die mangels Nachfolger schließen, vom Markt verschwinden und somit nicht mehr für eine adäquate Versorgung zur Verfügung stehen.“

Kaum Neugründungen

Nach wie vor bevorzugen Apothekerinnen und Apotheker die Übernahme vorhandener Strukturen: 59 Prozent der begleiteten Existenzgründer übernahmen 2022 eine Apotheke, um in die Selbstständigkeit einzusteigen. Lediglich 3 Prozent wählten für den Einstieg in die Selbstständigkeit eine komplette Neugründung. Die Kosten für eine Apothekenneugründung pendeln seit Jahren um die halbe Million Euro, 2022 haben Existenzgründer und Filialgründer inklusive Warenlager dafür durchschnittlich 524.000 Euro investiert.

Jede dritte Übernahme im Verbund

Von allen übernommenen Apotheken in 2022 wurden 29 Prozent in einem Verbund abgegeben. Dabei handelt es sich in der Regel um eine Hauptapotheke mit einer oder zwei Filialen. Bei den Verbundübernahmen sind die Gesamtinvestition naturgemäß wesentlich höher und betrugen 2022 durchschnittlich rund 1,6 Millionen.

Nachfrage übersteigt Angebot

„Die Entwicklungen in der Vergangenheit führen dazu, dass Apothekerinnen und Apotheker zunehmendem ökonomischen Druck ausgesetzt werden. Auch vor dem Hintergrund hoher Gründungsinvestitionen muss die Apothekerschaft in die Lage versetzt werden, diese auch wieder erwirtschaften zu können“, sagt Zehnich.

Die Nachfrage sei da: „In unserer Apothekenbörse sehen wir, dass das Interesse an der eigenen Apotheke grundsätzlich groß ist, jedoch nicht genügend gut gehende Apotheken zur Verfügung stehen. Zusätzlich machen die aktuellen Rahmenbedingungen die Entscheidung zur Existenzgründung nicht einfacher. Dabei hängt die Sicherstellung der wohnortnahen Arzneimittelversorgung eng damit zusammen, wie attraktiv die Selbstständigkeit als Apothekerin oder Apotheker auch gerade für die junge Generation ist.“

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