KKH will nicht zahlen

Trulicity-Retax: „Kasse spielt mit uns“

, Uhr
Berlin -

Eines der ersten belieferten E-Rezepte hat Apothekerin Eva Maria Imhof aus Kahl am Main nach Monaten jetzt zurückgeschickt bekommen. Die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) retaxiert die Verordnung über Trulicity (Dulaglutid, Lilly), weil das Diabetikum nicht fristgerecht beliefert wurde. Dass als Grund der Engpass angegeben wurde, interessiert die Kasse zunächst nicht.

Mitte Oktober kam ein Stammkunde mit einem E-Rezept über die Fertigpens Trulicity in der Wirkstärke 1,5 mg in die Apotheke. Am 1. Dezember belieferte die Rathaus Apotheke die Verordnung. „Ich habe hinterlegt, dass es verspätet abgegeben wurde, weil ein Engpass vorlag und ich es vorher nicht beziehen konnte“, sagt Imhof.

Doch diese Erklärung war der KKH nicht genug. Die Prüfstelle GfS (Gesellschaft für Statistik im Gesundheitswesen) schickte das Rezept im Auftrag der Kasse zurück. Als Grund gab sie an, dass nicht innerhalb der Frist gemäß § 11 Abs. 4 Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) beliefert worden sei. Die Apothekerin soll die Kosten in Höhe von 249,51 Euro aus eigener Tasche zahlen. Eine Apothekerin aus Baden-Württemberg wurde deshalb ebenfalls retaxiert.

Patient wurde beliefert

„Das ist eine unbegründete Retaxierung“, sagt die Apothekerin. Der Patient sei doch beliefert worden. Außerdem sei der Engpass belegt und bekannt. „Das Bearbeiten frisst Zeit, die wir nicht haben. Außerdem sind 250 Euro auch nicht wenig. Ich glaube, dass die Kasse damit spielt, dass wir Apotheken im Alltagsgeschäft nicht dazukommen, das zu beanstanden.“

Doch Imhof will die Sache nicht auf sich sitzen lassen. Als Beweis für die verspätete Lieferung verlangt die Kasse den Lieferschein des Großhändlers. Zusätzlich will Imhof noch den Kassenvorgang raussuchen und diesen mitschicken. Nicht nur die Bearbeitung der Retaxierung kostet Zeit, auch die Beratung der Kundschaft, die vom Engpass betroffen ist. „Die Nachfragen, die deshalb wöchentlich eingehen, sind sehr beratungsintensiv. Man muss den Frust der Leute auffangen und aufklären. Das ist mit fünf Minuten nicht abgehandelt und kann bis zu 15 Minuten dauern.“

Trulicity schwer erhältlich

Trulicity befindet sich bei manchen Apotheken seit einem Jahr auf der Defektliste. Die Liefersituation für den GLP-1-Rezeptor-Agonisten ist weiterhin angespannt. Ärztinnen und Ärzte werden bereits seit September 2022 gebeten, keine Neueinstellungen und/oder Umstellungen auf Trulicity vorzunehmen.

Generell dürfen Apotheken verspätet beliefern, müssen dies aber mit der Arztpraxis besprechen. Die Abgabe trotz Fristüberschreitung ist in § 6 Absatz 2 g7 Rahmenvertrag geregelt*: Demnach verliert die Apotheke den Vergütungsanspruch nicht, wenn „die Apotheke ein Arzneimittel nach Ablauf der in § 11 Absatz 4 Satz 1 Arzneimittel-Richtlinie vorgesehenen Belieferungszeit von derzeit 28 Tagen nach Ausstellung abgibt. Hierbei gilt, dass die Rücksprache mit der verschreibenden Person und die Gründe für die Fristüberschreitung auf einem papiergebundenen Verordnungsblatt dokumentiert und von der Apothekerin / vom Apotheker abgezeichnet werden oder bei einer elektronischen Verordnung im elektronischen Abgabedatensatz entsprechend der Regelungen nach § 2 Absatz 17 Satz 4 zur Rezeptänderung ergänzt und mittels qualifizierter elektronischer Signatur signiert werden.“

* Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Beitrags wurde auf eine ältere Version des Rahmenvertrags verwiesen. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Lesen Sie auch

APOTHEKE ADHOC Debatte