Hilfe unter Kolleg:innen

Trotz Engpass: So kommen Apotheken an Arzneimittel

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Berlin -

Nicht nur bei Rabattarzneimitteln ist die Defektliste in vielen Apotheken lang – auch immer mehr OTC-Produkte sind schwer erhältlich. Viele Kund:innen stehen am HV-Tisch und fragen etwa nach Buscopan. Die Nachfrage sei seit der Coronazeit gestiegen, sagt Apothekerin Silke Kissinger-Bohr. Weil eine Inhaberin ihr Lager für sie öffnete, muss sie ihre Kundschaft momentan nicht vertrösten. Eine andere Apotheke erhielt vom Hersteller eine Falschlieferung mit 50 Packungen des Bauchschmerzmittels – und gab diese aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit nicht zurück.

Buscopan von Sanofi ist seit mehreren Wochen nicht erhältlich. Das Arzneimittel werde öfter nachgefragt, sagt Kissinger-Bohr. Kund:innen kämen mit einer Arztempfehlung in die Apotheke oder wollten es aus anderen Gründen haben. Doch weder Hersteller noch Großhändler konnten ihr helfen. Ende Juni meldete sich die Inhaberin der Bären Apotheke in Uchtelfangen in ihrer Not an die Kolleg:innen: Sie verfasste einen Aufruf in sozialen Netzwerken, da sie Kunden hatte, die es dringend brauchten. „Es gibt ja leider keinen Ersatz.“

Inhaberin schickte zehn Packungen

Tatsächlich meldete sich bei Facebook eine Kollegin, die ihr mehrere Packungen anbot und schließlich auch zuschickte. „Das war prima, so konnten wir unsere Kunden bedienen“, freut sich Kissinger-Bohr. Sie lobt den Zusammenhalt der Apotheken in Sachen Lieferengpässe. Die zehn Packungen seien vor vier Tagen angekommen. „Wir haben eine Handvoll Kunden, die das regelmäßig nimmt und die wir jetzt bedienen können.“

Bis der Mini-Vorrat aufgebraucht ist, hofft sie, wieder Ware vom Hersteller zu erhalten. Betroffene Kund:innen reagierten auf Defekte meistens verständnisvoll, sagt die Apothekerin. „Sie sind es ja leider gewöhnt. Dass es immer mehr Standardpräparate sind, zeigt, dass wir langsam ein Entwicklungsland werden.“

Handel unter Voraussetzungen erlaubt

Wer einen Großhandel mit Arzneimitteln betreibt, muss laut Arzneimittelgesetz (AMG) eine Erlaubnis haben. Apotheken dürfen nur unter bestimmten Voraussetzungen ohne Erlaubnis untereinander mit Arzneimitteln handeln. Dazu zählen laut Apothekerkammer Niedersachsen etwa die Abgabe an andere Apotheken eines Filialverbundes oder der Bezug und die Weitergabe von Arzneimitteln im Rahmen von Einkaufsgemeinschaften.

Kontakt zum Außendienst pflegen

Auf eine andere Strategie setzt eine Inhaberin aus Sachsen. „Ich beschäftige mich 30 Prozent meiner Arbeitszeit allein mit der Logistik“, sagt sie. Meist lohne sich die Mühe. „Ich habe Paracetamol- und Ibuprofen-Säfte und Kindernasenspray.“ Wichtig sei, den Kontakt zu den Außendienstmitarbeiter:innen zu pflegen. „Zu manchem hat man einen besonders guten Draht. Am längsten kenne ich eine Mitarbeiterin seit fast 20 Jahren.“ Sie frage regelmäßig nach, was in den kommenden Monaten knapp werden könne, vergleicht die Aussagen mit ihren Lagerbeständen und Abverkaufszahlen und bestellt entsprechend vor.

Falschlieferungen: Freude und Ärger

Die Strategie geht oft auf. Buscopan etwa liegt bei ihr auf Lager. Als kürzlich jedoch ein Paket mit 50 Packungen des OTC-Präparats eintraf, das sie gar nicht bestellt hatte, war die Freude groß. „Wir haben eine Falschlieferung bekommen, der Außendienst hat die Apotheken verwechselt.“ Die Apothekerin behielt die Lieferung. „Wir hatten gerade erst Kunden, die ganz erstaunt waren, dass wir Buscopan vorrätig haben.“

Sanofi kündigte an, dass die Produkte in Kürze wieder verfügbar sein würden. Man verzeichne eine „stärkere Nachfrage“, sagt eine Konzernsprecherin über die Gründe – eine Antwort, die man in diesem Zusammenhang von den Herstellern immer wieder hört. „Zusätzlich hatten wir Lieferunterbrechungen. Diese sind mittlerweile behoben.“ Die Auswirkungen aktueller Lieferengpässe seien zeitweise in der Lieferkette spürbar gewesen.

Kritik an Arzneimittelzerstörung

Falschlieferungen kommen ab und zu vor – manchmal führen sie auch zu Ärger und stören die Abläufe sehr. Ein Homöopathie-Hersteller etwa schickte der Apothekerin unaufgefordert einen Auftrag im Wert von rund 1000 Euro. „Der Außendienst hat mir gesagt, dass wir es zu der anderen Apotheke fahren sollen.“ Das sei unverschämt gewesen. Stattdessen bot sie an, die Ware für einen reduzierten Preis zu behalten. Das sei abgelehnt, die Produkte abgeholt und beim Hersteller vernichtet worden.

„Auch andere Hersteller vernichten die Bestellungen, die falsch laufen.“ Die Inhaberin kritisiert die Zerstörung von Arzneimitteln – gerade wegen Umwelt- und Engpassaspekten. „Wir hatten eine Retoure mit Bitte um Gutschrift, die uns nicht gegeben und vernichtet wurde, weil wir sie mit der Post und nicht mit Trans-o-flex zurückgeschickt hatten.“

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