Auch wenn die Zahl der Betriebsprüfungen in Apotheken zuletzt deutlich angezogen hat, sollten sich die Apotheker aus Sicht der Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover keine allzu großen Sorgen machen: „Derzeit wird im Markt viel Panikmache betrieben“, sagt Treuhand-Chef Dr. Klaus-Martin Prang.
Die Spitze gilt der Kanzlei Dr. Bellinger, die vor dem neuen Elan der Finanzämter warnt und Apotheken Dienstleistungen verkauft, um sich auf einen Besuch der Behörden vorzubereiten. Prang hält nichts von simulierten Betriebsprüfungen: „Das ist ein Geschäft mit der Angst und aus meiner Sicht ein unseriöses Geschäftsmodell.“ Prüfergebnisse ließen sich nicht antizipieren. Prang räumt allerdings ein, dass es in der Apothekensoftware Angriffsflächen für Steuerprüfer gibt. Hier besteht auch aus Sicht der Treuhand Verbesserungsbedarf.
Die kolportierte Höhe der Forderungen der Finanzämter hält Prang dagegen für überzogen: „Sechsstellige Beträge dürften die absolute Ausnahme sein. Typischerweise geht es um Nachforderungen zwischen 3000 und 5000 Euro.“ Meistens gingen die Prüfungen aber ganz ohne Nachzahlungen aus.
„Die Steuerprüfer müssen schon sehr genau benennen, was sie warum hinzuschätzen, die Apotheker können dem immer auch widersprechen. Notfalls muss man vor Gericht ziehen“, so Prang. Doch das sei in den seltensten Fällen notwendig. So führe die Treuhand aktuell bei rund 3000 Apotheken nur eine Handvoll Prozesse zu Betriebsprüfungen, sagte der Treuhand-Chef.
In einem Punkt sind sich die Steuerberater einig: Ein großes Problem besteht darin, dass im Gesetz nicht eindeutig definiert ist, was steuerrelevante Daten sind. „Die Finanzverwaltung hat sich das ganz bewusst offen gehalten“, sagt Prang. Deshalb sei es durchaus zu empfehlen, dass Apotheken mit der Herausgabe ihrer Daten bei einer Prüfung selektiv vorgehen. Allerdings warnt er davor, den Prüfer zu verärgern: Denn wenn geforderte Daten nicht fristgerecht geliefert werden, kann der Prüfer ein Verzögerungsgeld verhängen. „Und dann ist eine Eskalation vorgegeben“, so der Treuhand-Chef.
Steuerberater Dr. Bernhard Bellinger geht einen anderen Weg und setzt notfalls auf Konfrontation: „Ich reagiere auf diese Anforderung immer so, dass ich sie verweigere und um den Erlass eines Verwaltungsaktes bitte, zu dem ich einen Angriff im Rechtsbehelfsverfahren ankündige. Dieses Risiko ist die Finanzverwaltung noch nie eingegangen.“ Zu den Daten, die von Prüfern häufig zu Unrecht angefordert werden, zählen Bellinger zufolge Betriebsstatistiken, Controlling-Dateien, interne Berichtssysteme, Nein-Verkäufe oder Listen über die Gewinnspannen.
Den Vorwurf der Panikmache weist Bellinger zurück. Die Zahl der Betriebsprüfungen in Apotheken habe sich im vergangenen Jahr verdoppelt, 2011 könnte sie sich vervierfachen. In Hessen hätten die Finanzprüfer die klare Order, „in die Fläche“ zu gehen, Bayern und Niedersachsen könnten folgen.
In den kommenden Monaten wird sich zeigen, wie viele Apotheken tatsächlich geprüft wurden und mit welchen Ergebnissen. Bei einer Umfrage unter den Leserinnen und Leser von APOTHEKE ADHOC gaben 27 Prozent an, etwa alle fünf Jahre geprüft zu werden. 11 Prozent hatten die Prüfer regelmäßig alle ein bis zwei Jahre in der Apotheke. Bei 25 Prozent hat das Finanzamt nur etwa alle zehn Jahre nachgehakt, bei 21 Prozent noch seltener. 17 Prozent der Nutzer konnte keine Angabe machen. An der Umfrage nahmen zwischen dem 25. und 28. März insgesamt 317 Nutzer teil.
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