Lauterbachs Honorarreform

Treuhand: Umstellung bringt Verluste

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Berlin -

Die Reformpläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sind eine Mogelpackung, denn sie bringen die Apotheken um ihr Geld, kritisiert Dr. Sebastian Schwintek von der Treuhand Hannover. Sein Team hat errechnet: Das vermeintliche finanzielle Entgegenkommen ist eine Milchmädchenrechnung.

Die wichtigsten Erkenntnisse nach einer ersten Analyse der Treuhand:

  • Die im Eckpunktepapier beschriebene „1:1 Anpassung“ von Fixum und prozentualem Zuschlag wird im Durchschnitt nicht erreicht.
  • Rohgewinn-Neutralität wird nur durch die – ohnehin geplante – Absenkung des Abschlags und die erhöhte Notdienstpauschale erreicht. Zu erwartende Kostensteigerungen werden bis Ende 2026 weiterhin nicht kompensiert.
  • Land- und Dorfapotheken werden zwar tatsächlich in geringem Maße besser gestellt als der Durchschnitt. Der geringe Rohgewinnzuwachs ist aber nicht ansatzweise ausreichend, um die Apotheken insbesondere des unteren Drittels nach Betriebsergebnissen wirtschaftlich zu stabilisieren.
  • Hochpreisige Arzneimittel verlieren bis zu einem Drittel an Rohgewinn, spezialversorgende Apotheken damit stark an Ertrag. Diese Versorgung würde deutlich weniger attraktiv, die Auswirkungen auf das Versorgungsangebot sind derzeit nicht abschätzbar.
Beim Rohgewinn gäbe es im Vergleich zum Status quo leichte Zugewinne – die allerdings ohne Umstellung höher ausfielen.Grafik: Treuhand Hannover

Vier Stellschrauben

Die Ausgangslage für die Rechnungen der Treuhand:

Die Zuschläge für den Notdienst sollen um rund 30 Prozent von 21 auf 28 Cent pro Packung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels steigen, sodass für die Vergütung geleisteter Notdienste künftig etwa 50 Millionen Euro mehr zur Verfügung stehen, heißt es vom BMG.

Aktuell gilt ein erhöhter Apothekenabschlag bis zum 31. Januar 2025 von 2 Euro je Packung eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels. Dieser wird ab dem 1. Februar 2025 wieder auf 1,77 Euro gesenkt.

Ab 2025 wird der prozentuale Anteil der Apothekenvergütung auf 2,5 Prozent angepasst, um Preisanstiege zu kompensieren. 2026 soll eine Anpassung auf 2 Prozent erfolgen.

Dadurch „freigewordene finanziellen Mittel“ sollen 1:1 für eine entsprechende Erhöhung des Festzuschlags (Packungsfixum) verwendet werden. Laut Medienberichten soll das Fixum demnach auf 8,54 Euro im Jahr 2025 und 8,73 Euro im Jahr darauf steigen.

Letzteres soll „die ungleichmäßige Verteilung der Packungshonorare zwischen den Apotheken aufgrund stark angestiegener Arzneimittelpreise in einigen Arzneimittelsegmenten“ ausgleichen, während eine Kostendeckung für preisbezogene Kosten weiterhin erhalten bleibe, so das BMG.

Apotheken auf dem Land könnten ein leichtes Plus beim Rohgewinn verbuchen.Grafik: Treuhand Hannover

Keine neutrale Gestaltung

Die Bewertung der Treuhand sieht anders aus: „Die Senkung des prozentualen Honorars ist höher als die Steigerung des Fix-Honorars. Die im Papier versprochene ergebnisneutrale Gestaltung wird nicht erreicht.“ Konkret fallen 23.000 Euro auf der einen Seite weg, während auf der anderen Seite knapp 17.000 Euro hinzukommen.

Durch die Abschlagssenkung (rund 7300 Euro) und Erhöhung der Notdienstpauschale (knapp 2600 Euro) steige der Rohgewinn der Durchschnittsapotheke zwar 2025 gegenüber dem heutigen Stand. Aber: „2026 sinken die Rohgewinne gegenüber dem Vorjahr.“

In Summe bleibt laut Schwintek noch ein leichtes Plus beim Rohgewinn in Höhe von knapp 4000 Euro. Ohne die Reform fiele dies aber angesichts der ohnehin schon vorgesehenen Absenkung des erhöhten Abschlags höher aus. „Die Durchschnitts-Apotheke wird damit de facto zum Subventionsgeber“, so Schwintek.

Hinzu kommt, dass bei den Auswirkungen auf das Betriebsergebnis auch noch die zu erwartenden Betriebskostensteigerungen zu berücksichtigen wären. Das sind laut Schwintek alleine für dieses Jahr 18.000 Euro, Tendenz steigend.

Verlierer wären große Apotheken.Grafik: Treuhand Hannover

Land- vs. XL-Apotheke

Land- und Dorfapotheken mit weniger als 10.000 Einwohner:innen schneiden in der Rechnung etwas besser, da hier im Schnitt weniger Hochpreiser abgegeben werden bei einer höheren Notdienstzahl. Aber auch hier wäre die Umstellung von Fixum und prozentualem Aufschlag nicht neutral, wie vom BMG propagiert. In Summe könnten rund 6200 Euro an Rohgewinn hinzukommen.

Verlierer wären aber umsatzstarke Apotheken – in der Treuhand-Rechnung sind das Betriebe mit mehr als 7,5 Millionen Euro Umsatz – die wegen vieler Hochpreiser aufgrund der Senkung des prozentualen Aufschlags hohe Rohgewinnrückgänge hinnehmen müssten. In der Beispielrechnung sind es knapp 38.000 Euro weniger.

Mit wachsendem Preis sinkt das Apothekenhonorar.Grafik: Treuhand Hannover

Kipppunkt: 57 Euro

Laut Treuhand erhöht sich bei Arzneimitteln bis zu einem Einkaufspreis (AEK) von 57 Euro im Jahr 2026 der Rohgewinn der Apotheke je Rx-Packung im Vergleich zu heute. Bei allen Präparaten darüber verringert sich der Rohgewinn je abgegebenem Rx-Arzneimittel auf Kassenrezept. Für die PKV liegt diese Schwelle bei einem AEK von etwa 37,50 Euro, da hier der Kassenabschlag nicht erhoben wird und dementsprechend auch nicht reduziert wird.

Bei Hochpreisern ab einem AEK von 1238,50 Euro verringert sich in zwei Jahren der Rohgewinn um ganze 27 bis 33 Prozent gegenüber heute.

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