Treuhand klagt für AvP-Opfer APOTHEKE ADHOC, 24.09.2021 14:55 Uhr
2900 Apotheken sind von der Pleite des Rechenzentrums AvP betroffen, teilweise mit sechs- bis siebenstelligen Ausfällen. Besonders ärgerlich ist, dass die Finanzämter für die Monate August und September 2020 die Umsatzsteuer in voller Höhe verlangen. Die Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover hat nach eigenen Angaben Klage gegen eine ablehnende Einspruchsentscheidung des Finanzamtes erhoben.
Die betroffenen Apotheken sollen aus Sicht der Finanzämter selbst bei einem kompletten Ausfall der gegenüber der AvP bestehenden Forderungen Umsatzsteuer in voller Höhe entrichten. „Die eingelegten Einsprüche sind von den Finanzämtern mit Hinweis auf die aktuell geltende Rechtslage abgelehnt worden. Gleiches gilt für beantragte Billigkeitsmaßnahmen“, berichtet die Treuhand. Deshalb habe man nun erstmals Klage gegen den Bescheid eines Finanzamtes erhoben.
Aus Sicht der Treuhand Hannover beruft sich die Finanzverwaltung auf eine alte und unionsrechtswidrige Fassung der entsprechenden Vorschrift im deutschen Umsatzsteuergesetz. „Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einer Vielzahl von Urteilen entschieden, dass die Umsatzsteuer vom Leistungsempfänger und nicht vom leistenden Unternehmer getragen werden muss und sich die Höhe der Umsatzsteuer am Betrag bemisst, den der leistende Unternehmer vereinnahmt“, so die Treuhand.
Im AvP-Fall würde die Erhebung der Umsatzsteuer auf die über das Rechenzentrum abgewickelten Umsätze aber dazu führen, dass die Umsatzsteuer vom leistenden Unternehmer getragen würde. „Der deutsche Gesetzgeber hat die entsprechende Vorschrift im Umsatzsteuergesetz der Rechtsprechung des EuGHs angepasst und somit unionsrechtskonform ausgestaltet. Die alte Fassung der entsprechenden Vorschrift im deutschen Umsatzsteuergesetz, auf die sich die Finanzverwaltung im vorliegenden Fall beruft, ist aus Sicht der Treuhand Hannover unionsrechtswidrig“, so die Steuerberater.
Falls das angerufene Finanzgericht dieser Argumentation folgen und die Klage pro Apotheke entscheiden sollte, sei mit einer Vielzahl an weiteren Klagen gegen ablehnende Einspruchsentscheidungen zu rechnen.