Treuhand: 2,6 Millionen Euro ist der neue Durchschnitt APOTHEKE ADHOC, 18.05.2020 15:43 Uhr
Der Umsatz der Apotheken legte 2019 im Vergleich zum Vorjahr im Durchschnitt um 5,6 Prozent zu. Das geht aus einer Auswertung der Treuhand Hannover hervor. Der Steuerberatungsgesellschaft zufolge lag das aber zum Großteil an höherpreisigen Rx-Arzneimitteln und nur zu einem geringen Teil an mehr verkauften Packungen. Und die Rohgewinnspanne geht weiter in den Keller.
Welche Auswirkungen die Corona-Krise auf den Apothekenmarkt hat, wird man erst in ein paar Monaten genau sagen können. Doch die Effekte sind Anfang 2020 eingetreten, sodass ein erster Vergleich mit 2018/2019 möglich ist. Normalerweise präsentiert die Abda im Frühjahr beim DAV-Wirtschaftsforum die wirtschaftliche Lage der Apotheken. Doch der Termin ist in diesem Jahr Corona-bedingt ausgefallen. Die Treuhand hat in etwas geringerem Umfang Umsätze, Kosten und Ergebnisse von etwa 3500 Apotheken ausgewertet.
Der Durchschnittsumsatz einer Apotheke in Deutschland liegt nach den Zahlen der Treuhand inzwischen bei über 2,6 Millionen Euro. „Als Trend zeigt sich, dass insbesondere die kleinen Apotheken bei der positiven Entwicklung nicht mithalten und vermehrt aus dem Markt ausscheiden“, so die Analyse der Steuerberater. Ein Teil der durchschnittlichen gestiegenen Umsätze ist daher erneut auf das Apothekensterben zurückzuführen: 2019 gaben netto 348 Apotheken auf.
Etwa 78 Prozent aller Apotheken konnten den Umsatz 2019 steigern – die Entwicklung war aber je nach Standort, Umsatzgröße und Apothekentyp sehr unterschiedlich. Eine früher typische Kenngröße der Treuhand ist damit weggefallen: die „typische Apotheke“ mit den meisten Apotheken einer definierten Umsatzklasse gibt es nicht mehr. Stattdessen hat die Grafik jetzt zwei Spitzen: bei 1,5 bis 1,75 Millionen Euro Umsatz und bei 2,5 bis 2,75 Millionen Euro.
Auffällig ist auch, dass immer mehr Apotheken mit sehr hohen Umsätzen den Durchschnitt nach oben ziehen. In der Statistik bewirkt das, dass mittlerweile 60 Prozent aller Apotheken unter dem rechnerischen Durchschnitt liegen. Außerdem zeigen die Zahlen ein deutliches Ost-West-Gefälle: Während der GKV-Umsatz in den alten Bundesländern 73 Prozent ausmacht, sind es in den neuen Ländern 85 Prozent. Im Westen kommen 13 Prozent PKV, 11,5 Prozent OTC und 2,5 Prozent sonstiger Handverkauf dazu, in den neuen Bundesländern nur 6,5 Prozent PKV-Anteil und 6,5 sowie 2 Prozent in der Selbstmedikation.
Die GKV-Umsätze stiegen im Durchschnitt um 6,5 Prozent: „Wesentlicher Treiber der Entwicklung waren neue, innovative Arzneimittel und die vermehrte Abgabe von Grippeimpfstoffen. Zwar wurden auch etwas mehr Packungen abgegeben als im Vorjahr, doch ist die Preis- beziehungsweise Umsatzentwicklung wesentlich bedeutender als die Mengenentwicklung“, so die Analyse der Treuhand.
Der Rohgewinn stieg laut Treuhand im vergangenen Jahr um 3 bis 3,5 Prozent und damit geringer als der Umsatz – was wieder mit den Hochpreisern zu tun hat. Die Rohgewinnspanne lag 2019 bei einer Apotheke im Westen bei durchschnittlich 23,5 Prozent, im Osten sogar nur bei 20,9 Prozent. Die absoluten Rohgewinne sind dennoch um 15.000 bis 20.000 Euro gestiegen. Die Gesamtkosten sind mit rund 3 Prozent in etwa genauso stark gestiegen wie der Rohgewinn.
Kostensteigerungen gab es laut Treuhand vor allem beim Personal durch die Tariflohnerhöhung: Im Westen lagen die Personalkosten demnach bei 10,9 Prozent vom Umsatz, im Osten bei 8,9 Prozent. Der „Unternehmerlohn“ ist dabei noch nicht enthalten. Bei den sonstigen Kosten haben sich die Apotheken auf dem Niveau von 2018 gehalten. „Hier beobachten wir Veränderungen bei Abschreibungen und Zinsen, was auf verstärkte Investitionen schließen lässt“, teilt die Treuhand mit. Das Betriebsergebnis lag bei 5,6 Prozent (West) und 6 Prozent (Ost). Dazu kommen allerdings noch 6000 Euro, die jede Apotheke durchschnittlich aus dem Nacht- und Notdienstfonds bekommen hat.
Die Corona-Krise macht es auch den Experten bei der Treuhand fast unmöglich, eine Prognose für das laufende Jahr zu stellen. Einige Trends sehen die Steuerberater aber bereits:
- Berg- und-Talfahrt beim Umsatz: Die ersten drei Monate des Jahres waren gekennzeichnet durch Umsatzsteigerungen. Am stärksten war dies im März, wo durchschnittlich 20 bis 30 Prozent mehr Umsatz und Packungen gezählt wurden als im Vorjahr. Doch im April sanken die Umsätze wieder, da Patienten sich bevorratet hatten und Arztbesuche nun aufschieben. Viel wird davon abhängen, ob sich der Umsatz in den Monaten danach wieder normalisiert.
- Erhöhte Kosten: Apotheken haben einen hohen Aufwand betrieben, um die Hygienevorschriften zu erfüllen und Patienten und Mitarbeiter zu schützen. Einbau von Plexiglaswänden, Beschaffung von Schutzkleidung, getrennte Teams in Schichtarbeit – diese und andere Maßnahmen kosteten neben Zeit vor allem Geld, was sich auf der Kostenseite bemerkbar machen wird.
- Käufer und Verkäufer: Es ist zu beobachten, dass mehrfach Käufer oder Verkäufer (vorerst) Abstand von Apothekenübertragungen nahmen. Dies dürfte mehrheitlich an der allgemeinen Verunsicherung und den Einschränkungen liegen. Auch wenn sich an den mittel- und langfristigen Aussichten für Apotheken laut Treuhand wenig ändert, sind Apothekenübertragungen derzeit schwieriger.