Familie Frickhinger führt die Apotheke zum Einhorn im bayerischen Nördlingen seit 329 Jahren. Mit Johanna Frickhinger hat erstmals eine Frau die Apothekenleitung übernommen. Ob die älteste Apotheke der Stadt nach ihr weiterhin in Familienhand bleibt, ist jedoch ungewiss.
Seit die Apotheke 1687 von Gottfried Dietrich Frickhinger übernommen wurde, befindet sie sich am gleichen Standort. Inzwischen ist das Apothekengebäude denkmalgeschützt. Daher hat sich seine Nachfahrin, die jetzige Inhaberin, keinen Kommissionierer gekauft, sondern das Generalalphabet behalten. Ein wenig modernisieren musste sie allerdings: „Vor ein paar Jahren ist die Rezeptur in einen Raum am hinteren Teil des Hauses gezogen“, berichtet Frickhinger.
Die Apothekerin ist direkt über der Offizin aufgewachsen. „So konnte ich schon früh Apothekenluft schnuppern“, sagt Frickhinger. Bedingt durch die Familie habe es somit nahe gelegen, Apothekerin zu werden. Doch gezwungen habe sie dazu niemand: „Meine zwei älteren Bruder machen beide etwas ganz anderes“, sagt die 36-Jährige. Sie arbeiten als Sprachwissenschaftler beziehungsweise Hotelmanager in Bangkok.
Frickhinger hat sich erst in der Oberstufe tatsächlich über den Apothekenberuf informiert – und schließlich dafür entschieden. Für das Studium zog sie vorübergehend von Nördlingen nach Berlin. Bevor sie 2008 in die Heimat zurückkehrte, sammelte sie Arbeitserfahrung in zwei Apotheken in der Hauptstadt. Nach etwa einem Jahr Einarbeitungszeit übernahm sie 2009 die Apotheke zum Einhorn von ihrem Vater.
Frickhinger ist die erste Frau an der Spitze der Apotheke. „Früher war die Apotheke eben eine Männerdomäne“, sagt sie. Die langjährigen Stammkunden hätten sich gefreut, als sie die Apotheke übernommen habe: „Sie kannten mich schon als Kind und haben schon bei meinem Vater oder sogar Großvater eingekauft“, so Frickhinger.
Auch Frickhingers Mutter Doris arbeitete als Helferin in der Apotheke. „Mein Opa hat sie ausgebildet“, sagt Frickhinger. Um den traditionell mit der Apotheke verknüpften Namen zu behalten, hat ihre Mutter bei der Hochzeit 1000 Mark zahlen müssen. Nur so konnte Frickhingers Vater den Familiennamen seiner Frau annehmen. „Auch mein Mann hat nun meinen Nachnamen, aber in unserer Generation ging das ja zum Glück schon ohne Weiteres“, sagt die Apothekerin.
Ob der zweijährige Sohn des Paares ebenfalls den traditionellen Familienberuf ergreifen wird, ist noch nicht klar. „Er besucht mich zwar oft in der Apotheke, zeigt aber noch keine erkennbaren Bestrebungen“, sagt Frickhinger mit einem Augenzwinkern. Die Entscheidung werde ihm in jedem Fall freistehen. Da sie selbst erst mit 18 Jahren vom Pharmaziestudium überzeugt gewesen sei, habe er auch noch Zeit.
Der Name Frickhhinger ist mit Nördlingen noch länger verbunden als mit der Apotheke zum Einhorn. Erstmals tauchte er 1331 in den Büchern der Stadt auf. Ursprünglich waren die Frickhingers Tuchhändler. Später übernahmen sie nicht nur als Apotheker, sondern unter anderem auch als Bürgermeister und Ratsherr wichtige Aufgaben in Nördlingen. Eine 17.000 Quadratmeter große Parkanlage der Stadt wurde nach der Familie benannt: die Frickhinger-Anlagen.
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