ApoRetro – Der satirische Wochenrückblick

Tiny Apotheke: Neues Konzept fürs Land

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Berlin -

Kleine Apotheken, die auf dem Land die Versorgung sichern, ohne dabei zu viele Ressourcen zu verbrauchen oder zu viel Gewinn zu machen – das ist die Vision von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Doch allmählich wird ihm klar, dass nur die Streichung von Approbierten, Rezeptur und Notdienst auch keine schlüssige Lösung ist. Also muss an das Konzept weiter gesponnen werden: Neueste Idee: Die Tiny Apotheke auf dem Land, um die Dörfer und abgelegenen Gemeinden zu versorgen.

Apotheker:innen müssen künftig nicht mehr in jeder Apotheke vorhanden sein, von Inhaber:innen ist da Flexibilität gefragt, damit sich mit dem neuen Modell von Lauterbach auch wirklich Kosten einsparen lassen. Ein findiges Modell, das spätestens seit der Corona-Zeit sowieso beliebt ist: das Tiny House. Was Großstädtern hilft, endlich raus zu kommen, sich auf das Wichtigste zu besinnen und dabei auch noch Miete spart, kann auch für die Apotheken ein Zukunftsmodell sein.

Die Tiny Apotheke hält alles vor, was es für die Versorgung auf dem Land braucht. Hochpreiser sind das eigentlich nicht, denn die werden auf dem Land doch ohnehin kaum abgegeben, schließlich fehlen die spezialisierten Verordnet:innen. Also gibt es das Übliche: Blutdrucksenker, Antibiotika, Diabetes-Präparate (kleine Kühlschränke gibt es in den Häusern standardmäßig) und natürlich auch Kinder-Fiebersäfte und Zäpfchen. Weil es aber auch auf dem Land eine vollwertige Apotheke braucht, gibt es statt der kleinen Kochnische eine Mini-Rezeptur.

Vollversorgung, die Miete spart

Und auch ansonsten kann die Tiny Apotheke alles, was eine Apotheke können muss: Impfen und andere pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) kann die herumfahrende Apothekerin genauso leisten wie 365 Tage Notdienst. Denn die Apothekerin wohnt auch gleichzeitig in ihrer Tiny Apotheke – einfacher geht es also nicht. Mit dem Minitresor unter dem Bett-Aufbau kann die Inhaberin dann auch ihre jeweils weit entfernten Filialen anfahren, um dort wenigstens einmal in der Woche BtM und Ähnliches abzugeben.

Bei Bedarf (es kommt tatsächlich doch immer wieder zu dringenden Fällen) kann die Apothekerin aber auch nach der offiziellen Öffnungszeit – die Tiny Apotheke leistet das Mindestmaß für Zweigapotheken – einfach noch am Abend zum Kunden fahren, um das dringend benötigte BtM abzugeben. Das Konzept ist also durchaus effizient und kostensparend. Vor allem der Notdienst finanziert das Modell, mit dem einige Apotheker:innen abwechselnd die Versorgung sichern.

Ja, abwechselnd, denn genauso wie beim Dienst an Bord eines Kreuzfahrtschiffes, hält das keine:r lange aus. Also wird die Tiny Apotheke normalerweise für maximal ein Jahr von einer Apothekerin betrieben. Dann muss sich jemand Neues finden, der in kurzer Zeit mit Rund-um-die-Uhr-Arbeit viel Geld verdienen möchte. Damit muss es sich dann aber auch erstmal wieder aushalten lassen, die hohen Kosten im Rest des Filialverbundes werden nahezu aufgefangen.

Jeden Tag unverzichtbar

365 Tage müssen manche Apotheker:innen heute schon leisten in den sogenannten strukturschwachen Gegenden. Auch wenn das für viele unvorstellbar klingt, dass es noch immer Idealisten gibt, die das mitmachen. Ohne dass es nach ein paar Monaten vorbei ist. Wer das nicht mehr mitmachen will: der Insel-Apotheker auf Helgoland. Zumindest nicht im aktuellen Gesundheitssystem und mit persönlicher Haftung. Und er ist wenigstens sein eigener Chef. Andere tun sich lieber zusammen, um sich eben nicht mehr so viel anzutun.

Für ihren Chef an Land hält die Pellwormer Apothekerin auf ihrer Insel die Stellung. In einer von zehn Zweigapotheken. Noch zehn. Denn bisher braucht es dieses Modell nur in extremen Lagen, wie auf der Insel. Aber man weiß ja, wofür man das tut. Für die Patient:innen natürlich.

Aber irgendwann freut man sich auch, vom Angesparten zu profitieren. Da gibt es doch was, oder? Denn ein Apothekenverkauf lohnt derzeit kaum als Altersversorgung. Die Bezüge vom Versorgungswerk allerdings auch nicht mehr. „Die Rente ist sicher” – das mag 1986 noch gestimmt haben, zumindest für die, die damals schon so alt wie Norbert Blüm waren. Jetzt sieht die Welt anders aus.

Aber vom Apothekenkuchen ist sicher noch was zu holen. Die Versender schielen jedenfalls schon auf die pDL. Und Versender-Gegenwind kommt dann auch noch von ungeahnter Stelle. Und während es auf der einen Ebene politisch wird, geht es per Telefon ans Eingemachte; da werden auch schon mal PTA direkt abgeworben. Als ob die nicht ohnehin schon Mangelware wären. Aber das reicht noch nicht für die gebeutelte Apothekerseele. Über all dem schwebt weiter die drohende Apothekenreform, der aber immerhin noch einige Änderungen bevorstehen.

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