Thüringen: 45.000 Euro für Landapotheken Patrick Hollstein, 06.09.2023 10:12 Uhr
Als erstes Bundesland überhaupt will Thüringen einen Zuschuss für Apotheken auf dem Land zahlen. Das Förderprogramm wird gerade final abgestimmt und soll rückwirkend zum 1. Januar in Kraft treten.
Wie in anderen Bundesländern sinkt auch in Thüringen die Zahl der Apotheken. Im ersten Halbjahr gab es überhaupt keine Neueröffnungen, nach sechs Schließungen gab es Ende Juni noch 501 öffentliche Apotheken. Seit dem Höchststand von 583 Apotheken im Jahr 2010 ist die Zahl kontinuierlich rückläufig.
Schon Ende 2021 hatte der Landtag daher beschlossen, dass die Niederlassung von Apotheken sowie Arzt- und Zahnarztpraxen auf dem Land finanziell gefördert werden soll. Nachdem lange nichts passiert ist, wurde jetzt ein erster Richtlinienentwurf erarbeitet und den Verbänden zur Stellungnahme übermittelt.
Noch wird die Sache vertraulich behandelt, das Ministerium bat alle Beteiligten explizit darum, den Entwurf nicht an Dritte weiterzugeben. Dies wäre nicht fair gegenüber den Beteiligten und stifte am Ende nur Verwirrung, so eine Sprecherin auf Nachfrage.
Doch erste Details sickern bereits durch. So wurde die Förderhöhe von ursprünglich 40.000 auf 45.000 Euro angehoben. Dem Vernehmen nach ist eine Distanz von sechs Kilometern vorgesehen, auch gestaffelte Beträge sind noch im Gespräch. Welche Kriterien die Apotheken erfüllen müssen und wie das Antragsverfahren abläuft, ist dagegen noch nicht bekannt.
Rückwirkend zum 1. Januar
Laut Gesundheitsministerium ist die Richtlinie nach wie vor in der Erarbeitung. „Aktuell laufen die Stellungnahme- und Prüfverfahren zum Entwurf der Richtlinie. Wann mit der Fertigstellung zu rechnen ist, kann daher im Moment noch nicht beantwortet werden“, so eine Sprecherin. Das hänge von den Stellungnahmen und daran anknüpfend vom weiteren Bearbeitungsaufwand ab. „Die Richtlinie wird in jedem Fall rückwirkend zum 1. Januar 2023 in Kraft treten.“
Zuschuss für Gründung oder Übernahme
Im Dezember 2021 hatte der Landtag beschlossen, eine schon bestehende Förderregel zum Beispiel für Hausärzte zu erweitern. Laut Antrag sollten Apothekerinnen und Apotheker einen Zuschuss erhalten, wenn sie eine Apotheke gründen oder übernehmen, die sich durch einen solitären Standort im Umkreis von sechs Fahrtkilometern auszeichnet, in einer Gemeinde mit einer Apothekendichte von über 3500 Einwohner pro Apotheke liegt und mindestens eine Allgemeinarztpraxis vor Ort existiert. Bei Zahnärztinnen und -ärzten war es einfach: Hier soll laut Antrag die Förderung gezahlt werden, wenn sie sich in einer Gemeinde niederlassen, die höchstens 45.000 Einwohner hat.
Der vom Landtag verabschiedete Antrag war von der FDP eingebracht worden. Bei der Abstimmung votierten neben den Liberalen auch Linke, SPD, Grüne und AfD dafür. Die CDU enthielt sich.
Sorge vor Versorgungsproblemen
„Trotz des gut ausgebauten Systems der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung mit einer vergleichsweise hohen Arztdichte und einer guten Zugänglichkeit machen sich in Thüringen stellenweise Ungleichverteilungen und drohende Versorgungsengpässe in der (zahn-)medizinischen und pharmazeutischen Versorgung bemerkbar“, hieß es im Antrag. „Um den Herausforderungen des technologischen Fortschritts, der Digitalisierung (E-Rezept, Versandhandel) und vor allem der demographischen Entwicklung wirksam zu begegnen“ solle deshalb unter anderem eine flächendeckende Mindestversorgung und Erreichbarkeit von Apotheken sichergestellt und gefördert werden. „Um drohende Engpässe abzuwenden, müssen Anreize für eine Gründung von Apotheken geschaffen werden. Über eine solche Niederlassungsförderung hinaus sollten gemeinsam mit den Apothekern und den Kommunen weitere Anreizinstrumente entwickelt werden.“
Umgesetzt wurde das Förderprogramm allerdings bislang nicht, was Robert-Martin Montag, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP im Landtag, schon mehrfach offen kritisiert hat – genauso wie das Zögern beim Ausbau von Studienplätzen für Pharmazie. „Unser Land benötigt keine endlosen Debatten, wir müssen vielmehr das Heft des Handelns in die Hand nehmen“, so Montag. „Gesundheitspolitisch ist die Landesregierung ein Totalausfall“, so sein Zwischenfazit im Juni 2022.