Münster

Amokfahrt: Apotheke als Ersthelfer

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Berlin -

Bei der Amokfahrt von Münster kamen am Samstag zwei Menschen ums Leben, 20 weitere wurden zum Teil schwer verletzt. Die Kiepenkerl-Apotheke war im Brennpunkt des Geschehens. Zu Beginn der neuen Woche versucht das Team, in den Alltag zurück zu finden.

„Meine Kolleginnen riefen mich am Samstagnachmittag an, ich solle sofort kommen“, berichtet Inhaberin Maria Medding. „Zwei Engländer waren nach ihrem Bericht in die Apotheke gestürzt: ‚There‘s a terror attack!‘ Keiner wusste genau, was los war. Als ich eintraf, saßen schon Betroffene in der Offizin.“ In den nächsten Stunden habe es ein ständiges Kommen und Gehen gegeben. „Im Durchschnitt waren immer so an die zehn Menschen bei uns.“ Viele hätten unter Schock gestanden. „Wir trösteten sie so gut es ging und gaben ihnen auch Bachblüten zur Beruhigung. Einige waren verletzt, wir haben ihre Wunden versorgt und desinfiziert.“

Das Team bekam Unterstützung. „Durch Zufall machten gerade Notfallseelsorger aus Paderborn einen Betriebsausflug in der Stadt“, berichtet Medding. „Sie standen gerade an der Domtreppe, als sie den Knall hörten, und kamen direkt in die Apotheke.“ An einen pünktlichen Feierabend habe keiner gedacht. „Normalerweise sind wir Samstags nur bis 16 Uhr da, aber natürlich blieben wir so lange, bis alle versorgt waren und es ruhiger wurde.“ Das war gegen 18 Uhr der Fall.

Schon im Laufe des Samstags hatte sich abgezeichnet, dass die Amokfahrt keinen terroristischen Hintergrund hatte, sondern die Einzeltat eines mutmaßlich psychisch kranken Mannes war. Jens R. war am Samstag mit einem weißen Campingbus in eine Gruppe von Menschen vor dem „Großen Kiepenkerl“, einem beliebten Lokal in der Altstadt, gerast. Zwei Menschen starben, rund 20 wurden schwer verletzt. Drei von ihnen schweben nach Angaben des Universitätsklinikums weiter in Lebensgefahr.

„Bislang haben sich weiterhin keinerlei Hinweise auf eine politische Motivationslage des Täters sowie mögliche Mittäter ergeben“, sagte Polizeipräsident Hajo Kuhlisch in Münster. „Wir haben aber Hinweise darauf, dass die Ursachen für die Ausführung der Tat in seiner Persönlichkeit begründet sind.“ Für eine lückenlose Aufklärung brauche es aber Zeit.

Erst allmählich sei zu ihr das Geschehene durchgedrungen, schildert die Apothekerin. „In so einer Situation funktioniert man nur. Für uns hier ist das noch immer unfassbar. Gestern war ich mit dem Rad in der Stadt unterwegs, es war total ruhig, ganz anders als ich das sonst an einem Sonntag kenne“, so Medding. „Ich hab die Messe im Dom besucht, da fühlte ich mich schon sehr getröstet.“

Zu Beginn der Woche kehrt in der Stadt ein Stück weit die Routine zurück. „Wir haben in der Innenstadt und in der Filiale in Hiltrup wieder ganz normal geöffnet“, sagt sie. „Doch erst jetzt kommen wir dazu, das alles zu verarbeiten. Heute kommt eine Psychologin zu uns, ich biete meinen Mitarbeiterinnen an, mit ihr gemeinsam über die Ereignisse zu sprechen. Ich hoffe, so etwas werden wir nie wieder erleben.“

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