Arbeitsrechtlerin: Schnelltests nur Angebot, keine Pflicht

Testpflicht am Arbeitsplatz?

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Berlin -

Schnell- und Selbsttests auf Sars-CoV-2 sollen bald zum Alltag werden: Viele Arbeitgeber werden mit der Testverordnung verpflichtet, ihren Arbeitnehmern mindestens einmal pro Woche die Möglichkeit zu geben, sich testen zu lassen. Aber können sie sie umgekehrt auch dazu verpflichten, sich testen zu lassen, um die Sicherheit der Belegschaft zu erhöhen? Nein, sagt Arbeitsrechtsexpertin Inka Müller-Seubert von der Wirtschaftskanzlei CMS. Auch die Einführung einer allgemeinen Testpflicht am Arbeitsplatz wäre demnach rechtlich nicht zulässig.

Eigentlich könnte man es für naheliegend halten: Regelmäßige Testungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass asymptomatisch Infizierte entdeckt werden und damit die Ansteckungsgefahr am Arbeitsplatz sinkt. Doch so einfach ist das nicht. „Die Arbeitgeber sind zwar verpflichtet, Tests zur Verfügung zu stellen, dürfen von ihren Arbeitnehmern aber keine anlasslose Durchführung von Schnell- oder Selbsttests verlangen“, sagt Müller-Seubert. Der entscheidende Begriff ist dabei „anlasslos“. Denn ohne eine konkrete Gefährdung der weiteren Arbeitnehmer sei eine allgemeine Testpflicht am Arbeitsplatz nämlich unverhältnismäßig, solange die übrigen Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden.

„Derzeit fehlt eine spezifische Rechtsgrundlage, die eine solche Verpflichtung der Arbeitnehmer vorsieht. Nirgendwo ist geregelt, dass das erlaubt ist“, sagt Müller-Seubert. „Daher ist auf die allgemeinen Rechtsgrundlagen zurückzugreifen, insbesondere auf die Datenschutz-Grundverordnung und das Bundesdatenschutzgesetz.“ Und diese zählen Gesundheitsinformationen, zu denen das Testergebnis gehört, zu den besonders schützenswerten Daten.

„Natürlich könnte es nützlich sein, regelmäßig anlasslose Tests an den Mitarbeitern durchzuführen. Aber unter der Prämisse, dass durch die anderen Infektionsschutzmaßnahmen bereits ein ausreichendes Sicherheitsniveau besteht, würde in dem Fall die durchzuführende Interessenabwägung zugunsten der Arbeitnehmer ausfallen“, so Müller-Seubert. „Es scheitert da an der Erforderlichkeit, weil nach bisherigem Stand die jetzigen Maßnahmen ausreichen.“

Ausnahmen gäbe es nur auf Länderebene und für bestimmte Berufsgruppen – denn einige Bundesländer haben per Verordnung nachgeschärft, darunter Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen, wo solche Testpflichten beispielsweise in stationären und ambulanten Gesundheitseinrichtungen möglich sind. Dass eine pauschale Testpflicht am Arbeitsplatz eingeführt wird, halte sie jedoch aus den genannten Gründen derzeit für rechtlich nicht durchsetzbar.

Anders sieht es hingegen aus, wenn ein berechtigter Verdacht auf eine Infektion besteht – aber auch dann komme es auf die Umstände an. „Wenn ein Arbeitnehmer beispielsweise typische Corona-Symptome hat, kann sich der Arbeitgeber auf seine Fürsorgepflicht gegenüber den anderen Angestellten berufen“, erklärt Müller-Seubert. Das heißt: Er müsste für sie das Infektionsrisiko minimieren, indem er seinen Angestellten isoliert oder ins Homeoffice schickt. Erst wenn das nicht möglich ist – was beispielsweise in den meisten Apotheken der Fall ist – könnte der Chef von seinem Weisungsrecht Gebrauch machen und die Durchführung eines Tests verlangen. Den müsste er allerdings auch selbst zur Verfügung stellen.

Kommt der Arbeitnehmer der berechtigten Aufforderung, sich testen zu lassen, nicht nach, hätte der Arbeitgeber demnach die Möglichkeit, die Annahme der Arbeitsleistung zu verweigern. Das heißt: seinen Angestellten unbezahlt nach Hause zu schicken. Der Arbeitnehmer könnte das nur verhindern, indem er – sofern er arbeitsfähig ist – bezahlten Urlaub einreicht. Für den Chef wiederum handelt es sich um eine Notwendigkeit, die aus seinem Arbeitgeberverhältnis entsteht.

Anm. d. Red.: Diese Beitrag erschien ursprünglich am 19. März 2021.

 

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