Apotheker schätzen sich schlechter ein

Testkäuferin: „Wir sind nicht auf Konflikte aus“

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Berlin -

Im August packt Apothekerin Dr. Tanja Schöne* ihre Handtasche und ist wieder als Testkäuferin unterwegs. Die Pharmazeutin prüft seit 15 Jahren die Beratung ihrer Kolleginnen und Kollegen. „Bei den Gesprächen hat sich in den vergangenen Jahren viel getan“, sagt sie. Dass jemand „durchfalle“, sei sehr selten.

Schöne ist als „Pseudo Customer“ im Auftrag der Apotheken unterwegs. Sie besucht unangemeldet Betriebe und schildert leitfadengestützt entweder ein Symptom oder äußert einen Produktwunsch. Dabei geht es immer um apothekenpflichtige Produkte Die PTA oder Apothekerinnen und Apotheker sollten dann bestenfalls nachfragen, ob die Eigendiagnose richtig sei, es Wechselwirkungen oder Grenzen der Selbstmedikation gebe.

Mankos bei Schwangerschaft und Stillzeit

„Es hat sich sehr viel getan“, sagt Schöne. Die Testkäuferin ist mit den Gesprächen meist zufrieden. Die Beratung werde sofort angeboten und nicht mehr nur ein Produkt auf den HV-Tisch gelegt. Zudem würden über die pharmazeutische Beratung hinaus viele Tipps gegeben, wie die Leiden minimiert werden könnten. Natürlich komme es vor, dass etwas vergessen werde. Oft sei das die Frage nach einer bestehenden Schwangerschaft oder ob gestillt werde.

Nach dem Kauf kommt die Testkäuferin zurück und bespricht mit dem oder der Getesteten das Gespräch. „Das Feedback ist toll. Manchmal wird die ein oder andere Frage vergessen. Dass jemand durchfällt, ist sehr selten. Im Schnitt liegen alle in einem guten Bereich.“ Schöne stellt oft fest, dass die Selbsteinschätzung der Betroffenen oft schlechter sei, als sie müsste. „Sie kritisieren sich viel mehr, als sie müssten. Viele ärgern sich danach, dass sie eine bestimmte Frage vergessen haben. Dadurch optimieren sie sich selbst.“

Die Apothekerin betont, dass es bei den Besuchen nicht darum gehe, die Apotheken zu kritisieren. „Wir sind nicht auf Konflikte aus. Stattdessen fragen wir am Anfang, wie sie sich selbst eingeschätzt haben.“ Mitunter komme es im Nachgespräch vor, dass die Getesteten monierten, dass für ein Nasenspray oder Ibuprofen-Tabletten so ein ausführliches Beratungsgespräch „übertrieben“ sei. „Doch das ist egal, alles muss gleichwertig beraten werden“, betont Schöne.

Inhaber bezahlen Pseudo Customer-Besuche

Anders als die Beratungstests der Apothekerkammern, sind die Pseudo Customer-Besuche von den Inhaberinnen und Inhabern initiiert: Über die zur Abda gehörenden Avoxa können die unangemeldeten Besuche gebucht werden. Einer pro Jahr kostet fortlaufend 210,00 Euro. Für zwei Besuche werden 345 Euro fällig. Der erste Besuch findet innerhalb von drei Monaten nach der Anmeldung statt, der nächste – wenn gewünscht – sechs bis neun Monate später.

Schöne ist zwei Tage pro Jahr für die Avoxa unterwegs. „Ich schaffe fünf Besuche pro Tag.“ Mehr sei zusätzlich zu ihrer Arbeit in der Apotheke nicht möglich. Sie selbst wurde Pseudo Customer, weil sie vor 15 von einem Testkäufer der Kammer geprüft wurde. „Es war im Anschluss ein super Gespräch. So ist das entstanden.“ Welche konkreten Themen im August anstehen, kann sie nicht verraten. Die erhobenen Daten werden durch den Geschäftsbereich Pharmazie der Abda ausgewertet und anonymisiert an die Kammer weitergeleitet.

* Name von der Redaktion geändert

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