Testkäufe

Apotheker wehrt Abmahnung ab

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Berlin -

Ein Apotheker aus Frankfurt hat sich gegen die Firma Veniapharm behauptet. Aus Sicht des Oberlandesgerichts Frankfurt (OLG) war die Abmahnung der Firma im Jahr 2013 rechtsmissbräuchlich. Mittlerweile haben mehrere OLG Zweifel an den Beweggründen des Herstellers von Nahrungsergänzungsmitteln geäußert und entsprechend entschieden. Ausgestanden ist die Sache aber noch nicht.

In diesem Fall hatte ein Testkäufer im Oktober 2013 das Nahrungsergänzungsmittel „Migra 3“ der Firma Doppler Health in der Frankfurter Apotheke bestellt. Wenige Tage später folgte die Abmahnung von Veniapharm. Der Apotheker gab jedoch nur gegenüber der Wettbewerbszentrale eine Unterwerfungserklärung ab und äußerte in diesem Zusammenhang den Verdacht, Veniapharm gehe es vor allem um die Abmahngebühren. Es kam zum Prozess.

Das Landgericht Frankfurt hatte den Apotheker in erster Instanz noch dazu verurteilt, die geäußerten Vorwürfe gegenüber Veniapharm nicht mehr zu wiederholen. Er sollte auch teilweise die Abmahnkosten bezahlen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Beide Seiten gingen in Berufung.

In zweiter Instanz hat das OLG Frankfurt jetzt dem Apotheker auf ganzer Linie recht gegeben. Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs und der Abmahnkosten sei rechtsmissbräuchlich, heißt es im Urteil vom 24. Mai. Es sei davon auszugehen, dass Veniapharm im Gründungsjahr 2013 „drei größere Abmahnwellen geplant beziehungsweise durchgeführt hat“, ohne nennenswerte Geschäftstätigkeit zu entwickeln.

Schon in anderen Verfahren war aufgefallen, dass Veniapharm die angeblich im ersten Jahr getätigten Umsätze größtenteils gar nicht verwirklicht hatte. So wurden drei Großrechnungen später wieder storniert. Dem Gericht wurden zunächst trotzdem die alten Zahlen unterbreitet. Unplausibel für das OLG war dabei auch, dass auf den vorgelegten geschwärzten Rechnungen drei verschiedene Kundennummern angegeben waren, obwohl inzwischen klar sei, dass es nur um einen vermeintlichen Großkunden ging. Veniapharm habe damit suggeriert, über mehrere Großkunden zu verfügen, so das OLG.

Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Geschäftstätigkeit hatte das Gericht auch wegen des Produktsortiments. Acht von zehn der von Veniapharm angebotenen Nahrungsergänzungsmittel seien in Wahrheit ein und dasselbe Produkt. Die hohe Zahl an Abmahnungen ließe sich auch nicht damit erklären, man habe gegen Falschbehauptungen von Mitbewerbern vorgehen müssen, heißt es im Urteil.

Als Indiz für einen Rechtsmissbrauch wertete das OLG auch, dass die umstrittenen Produkte erst vom Testkäufer in der Apotheke bestellt wurden. Da der Hersteller bereits zuvor abgemahnt worden sei, ergebe es keinen Sinn, zusätzlich Apotheken anzugehen, die das Produkt gar nicht an Lager hätten. Dass Veniapharm damit wie behauptet verhindern wollte, dass schnell Ware in die Apotheken verschoben werde, glaubten die Richter nicht.

Die Umstände sprechen aus Sicht des OLG insgesamt dafür, dass sich die Abmahntätigkeit von Veniapharm „verselbstständigt“ habe. „Dabei kann offen bleiben, ob das Ziel in der Generierung von Aufwandsentschädigungen oder von künftigen Vertragsstrafeansprüchen bestand oder ob es darum ging, sich in einem Vergleich mit dem Herstellerunternehmen Ansprüche 'abkaufen' zu lassen“, heißt es im Urteil.

Das OLG lehnte es auch ab, dass der Apotheker für die falsche Behauptung gegenüber der Wettbewerbszentrale haften sollte, Veniapharm habe 76 Abmahnungen zu diesem einen Produkt ausgesprochen. Denn diese Zahl hatte die Rechtsanwältin des Apothekers nur in ihrem Schreiben an die Wettbewerbszentrale vorgelegt, sie sei dem Apotheker also gar nicht zuzurechnen, so das Gericht. Außerdem habe diese Aussage wohl kaum Einfluss auf die Marktverhältnisse.

Das OLG hat keine Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen. Gegen diese Entscheidung kann der Kläger noch Nichtzulassungsbeschwerde einlegen. In anderen Verfahren ist Veniapharm damit dem Vernehmen nach gescheitert. Ob man in diesem Fall den Gang nach Karlsruhe anstrebt, ist nicht bekannt. Bei Veniapharm war bislang niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.

In einem weiteren Verfahren vor dem OLG Düsseldorf hat Veniapharm einen Rückzieher gemacht. Nachdem das Gericht in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hatte, dass es die Abmahnungen ebenfalls für rechtsmissbräuchlich hält, zog Veniapharm die Berufung zurück. Damit wird die Entscheidung der Vorinstanz rechtskräftig.

Mehrere Oberlandesgerichte hatten zuvor bereits auf Rechtsmissbrauch und damit zugunsten der abgemahnten Apotheker entschieden. Aus Sicht des OLG Düsseldorf war die Abmahnung gegen die Versandapotheke Medikamente-per-Klick rechtsmissbräuchlich. Das OLG München hate in einem Streit mit dem bayerischen Unternehmen Doppler Health ebenso entschieden.

Die Nichtzulassung der Revision wurde verschiedentlich gerügt, allerdings ohne Erfolg. Auch mit einer Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe hat es der Hersteller bereits versucht. Weitere Verfahren zu Abmahnungen sind dem Vernehmen nach in München, Hamm und Koblenz anhängig.

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