Kühlpflichtige Arzneimittel stellen Hersteller, Lieferanten, Apotheken und Patienten vor besondere Herausforderungen. Im vergangenen Jahr wurden in deutschen Apotheken mehr als 26 Millionen Packungen kühlpflichtiger Medikamente auf Kassenrezept abgegeben. Das geht aus Daten des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts (DAPI) hervor. Rein rechnerisch macht das 1300 Packungen pro Apotheke pro Jahr. Arzneimittel, die auf Privatrezept oder in der Selbstmedikation abgegeben wurden, flossen nicht in die Erhebung ein, sodass die tatsächliche Zahl wohl deutlich höher liegt.
Die ABDA weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Bedeutung der Kühlung vielen Patienten nicht bekannt ist. Eine niederländische Studie mit rund 330 Patienten habe gezeigt, dass die Arzneimittel meistens nicht korrekt gelagert würden. Da kühlpflichtige Medikamente aber oft auch sehr teuer seien, würden durch die falsche Lagerung vermeidbare Kosten verursacht.
Dr. Peter Froese, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des DAPI, ist überzeugt: „Patienten lagern ihre Medikamente nicht absichtlich falsch, sondern weil sie sich nicht der Bedeutung der Kühlung bewusst sind.“ Er warnt, dass Medikamente ihre Wirkung verlieren können, wenn sie zu warm gelagert werden. „Problematisch ist, dass der Patient das aber nicht unbedingt sofort bemerkt. Er weiß nicht, dass seine Arzneimitteltherapie nicht mehr anschlägt“, so Froese.
Patienten sollten die kühlpflichtigen Arzneimittel im Kühlschrank zwischen 2 und 8 Grad aufbewahren. Als Beispiele für solche Medikamente nennt die ABDA Insuline, Impfstoffe gegen Hepatits A/B oder Tetanus sowie Biologicals, zum Beispiel gegen Rheuma oder Krebs.
Rund ein Drittel der kühlpflichtigen Arzneimittel muss laut ABDA auch beim Transport von der Apotheke nach Haus gekühlt werden – ist also kühlkettenpflichtig. Dazu gehören etwa Impfstoffe gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) sowie Gelbfieber, aber auch einige Dosieraerosole gegen Asthma oder einige Glaukom-Augentropfen.
Die ABDA empfiehlt für den Transport der kühlkettenpflichtigen Arzneimittel Isoliertaschen oder Styroporbehälter. Dabei sollte ein direkter Kontakt zwischen dem Medikament und Kühlelementen vermieden werden, da ein Einfrieren die Wirkung vermindern könnte. Darüber, wie sich das Geschäft mit kühlpflichtige Arzneimitteln in den vergangenen Jahren entwickelt hat, liegen der ABDA keine Zahlen vor.
Bei DHL geht man indes davon aus, dass der Markt stark wächst. In einer Analyse zitiert der Logistikkonzern eine Studie, laut der die Ausgaben für den temperaturgeführten Transport von Arzneimitteln weltweit von heute 8,5 auf 13,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020 wachsen.
Das liegt laut DHL vor allem an einem Mehr an Biologicals, die in bestimmten Temperaturzonen transportiert werden müssen. Diese Arzneimittel seien sehr teuer und würden mitunter durch mehrere Klimazonen transportiert. Beliefert würden auch immer häufiger aufstrebende Märkte mit schlechter Infrastruktur, in denen höhere Umgebungstemperaturen durchaus üblich seien.
Daneben sieht man bei DHL aber auch den Druck durch die Behörden wachsen, die einen Beweis für den sicheren Transport forderten. Die EU-Richtlinie zur Guten Distributionspraxis (GDP) etwa sei de facto bereits zum weltweiten Standard geworden – obwohl Hersteller noch über die Interpretation dieser Richtlinie rätselten.
DHL hat vier Punkte analysiert, die eine gute Kühlkette ausmachen: ein spezialisiertes Netzwerk, klare Standardvorgehensweisen, die richtige Verpackung und eine umfassende Kostenanalyse. Die Wahl der richtigen Verpackung beispielsweise ist aus Sicht des Logistikers ein Balanceakt zwischen Kosten und Risiko. Immer wichtiger würden aktive Systeme, die mit GPS und Telemetrie zurückmelden, wie es um die verpackte Ware steht.
DHL selbst hat zuletzt sein Netzwerk für temperaturgeführte Transporte in Europa um vier Umschlagzentren erweitert. Die Zentren in Mailand, Lyon und Madrid wurden im Mai in das bestehende Netzwerk integriert, kurz darauf wurde weiteres Zentrum in Budapest in Betrieb genommen.
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