Tarifabschluss: Zuschläge für Mehrarbeit gekürzt Nadine Tröbitscher, 18.07.2024 09:59 Uhr
Bisher galt gemäß Bundesrahmentarifvertrag (BRTV) in § 8 „Vergütung der Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit“, dass für Mehrarbeit eine Grundvergütung plus Zuschläge in Höhe von 25 beziehungsweise 50 Prozent fällig werden – sofern die Apothekenleitung dies angeordnet hat. Der Passus wurde angepasst. Zum 1. August sinken die Zuschläge auf 15 beziehungsweise 25 Prozent der Grundvergütung.
Haben Chef:innen Mehrarbeit angeordnet, müssen die geleisteten Arbeitsstunden vergütet werden. Die Grundvergütung beträgt bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 39 Stunden 1/169 des Tarifgehalts. Bei den Zuschlägen gibt es Anpassungen. So wird für Mehrarbeit ein Zuschlag ab der ersten Stunde fällig:
- ab der 1. bis 10. Stunde 15 Prozent der Grundvergütung
- ab der 11. Stunde 25 Prozent der Grundvergütung.
Zum Vergleich: Bislang sind im Bundesrahmentarifvertrag Zuschläge für Mehrarbeit ab der 41. bis zur 50. Stunde in Höhe von 25 Prozent der Grundvergütung und für Mehrarbeit ab der 51. Stunde in Höhe von 50 Prozent der Grundvergütung festgelegt.
- ab der 41. bis zur 50. Stunde: 25 Prozent Zuschlag zur Grundvergütung
- ab der 51. Stunde: 50 Prozent Zuschlag
Mit Inkrafttreten des neuen BRTV fallen die Ansprüche jedoch geringer aus, denn die Zuschläge für Mehrarbeit wurden gekürzt. Konkret gibt es von der 1. bis zur 10. Überstunde einen Zuschlag von 15 Prozent der Grundvergütung, ab der 11. Stunde dann 25 Prozent. Und auch die Grundvergütung ändert sich. Denn diese bemisst sich an der monatlichen Arbeitszeit. Bisher waren dies 173 Stunden (40 Stunden/Woche x 4,33 Wochen). Durch die verkürzte Wochenarbeitszeit sind es künftig jedoch 169 Stunden im Monat (39 Stunden x 4,33 Wochen), wodurch die Grundvergütung bei 1/169 liegt.
Übrigens: Die Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit bleiben unverändert.
Als Grund für die geringeren Zuschläge für Mehrarbeit wird im Kommentar zum neuen BRTV genannt, dass diese künftig für mehr Mitarbeitende zu zahlen seien. Hintergrund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wonach Überstundenzuschläge bereits ab der ersten individuellen Überstunde zu gewähren sind. Gleiche Schwellenwerte für Voll- und Teilzeitkräfte – beispielsweise ein Zuschlag erst ab der 41. Wochenarbeitsstunde – würden dagegen eine Diskriminierung darstellen. Deshalb heißt es künftig auch „Mehrarbeit ab der 1. Stunde …“.
Unterschiedliches Gehalt trotz gleicher Arbeitszeit?
Wie im Kommentar deutlich wird, können sich durch die neuen Regelungen unter Umständen unterschiedliche Gehälter trotz gleicher Anzahl an geleisteten Arbeitsstunden ergeben und gleichem Grundgehalt. Beispielsweise dann, wenn eine Vollzeitkraft, eine Teilzeitkraft mit 30 Wochenstunden und eine Teilzeitkraft mit 20 Wochenstunden alle 39 Stunden arbeiten. Während der/die Vollzeitbeschäftigte das reguläre Tarifgehalt erhält, bekommen die anderen beiden ein höheres Gehalt durch die Zuschläge für Mehrarbeit.
Doch auch zwischen ihnen unterscheidet sich die entsprechende Summe. Der/die Mitarbeiter:in mit einer vereinbarten regulären Arbeitszeit von 30 Stunden, leistet neun zusätzliche Stunden und erhält dafür einen Zuschlag von jeweils 15 Prozent. Demgegenüber bekommt die 20-Stunden-Kraft für insgesamt 19 Stunden Mehrarbeit für die 21. bis 30. Stunde einen Zuschlag von 15 Prozent und für die 31. bis 39. Stunde ein Plus von 25 Prozent. Die 39 Stunden Kraft erhält entsprechend keinen Zuschlag, da auch keine Mehrarbeit geleistet wird.
Demnach sind Teilzeitkräfte im Vorteil und zusätzliche Arbeit wird besser bezahlt als die reguläre Vergütung der Vollzeitkräfte, die per se weniger Überstunden leisten können. Somit könnte eine bessere Vergütung ein Anreiz für Teilzeitkräfte sein, öfter einzuspringen. Die unterschiedliche Bezahlung könnte jedoch für Unmut im Team sorgen.
Achtung: Bei Vorliegen eines Jahresarbeitszeitkontos kann die Mehrarbeit als Plusstunden in das Konto übertragen werden, und zwar zuschlagsfrei.