Mehr Geld für das Team – ein Vorstoß, den die Inhaberinnen und Inhaber generell gut finden. Allerdings fragen sich viele, wie sie die Mehrkosten stemmen sollen. Dass auch bei der Arbeitszeit gekürzt wird, sei dagegen nicht gut, heißt es mehrheitlich. „Das verschärft den Stress in den Betrieben“, sagt ein Inhaber.
Ab dem 1. Juli gelten in vielen Apotheken – außer Sachsen und Nordrhein – neue Tarifgehälter. Denn die Gewerkschaft Adexa und der Arbeitgeberverband Deutscher Apotheker (ADA) haben sich auf einen Sockelbetrag geeinigt. Außerdem gibt es einen Tag Urlaub mehr und die Arbeitszeit reduziert sich von 40 auf 39 Stunden. Das nächste Gehaltsplus gibt es 2026.
Bei den Inhaberinnen und Inhabern sorgt der Tarifabschluss für unterschiedliche Reaktionen. Es ist die „richtige Entscheidung zum falschen Zeitpunkt“, sagt Torsten Heide. Der Inhaber der Eisenhut-Apotheke in Siegen hält die Tariferhöhung für „längst verdient“. „Der weitaus größte Teil der Apotheken-Mitarbeitenden hat auch und gerade während der Corona-bedingten Erschwernisse zuverlässig, unermüdlich und mit großem Fachwissen Außergewöhnliches geleistet“, lobt er. Doch leider stehe einem gerade wegen der jüngsten Kostensteigerungen „das Wasser bis zur Unterlippe“.
Der Apotheker befürchtet, dass sich die „Talfahrt der Apotheken und das Aus für einige Apotheken vor Ort nun noch beschleunigen dürfte“. Er hätte sich gewünscht, dass die Skonto-Diskussion vor der Tariferhöhung geklärt gewesen wäre. Auch die Rücknahme der Kassenabschlags-Erhöhung im kommenden Jahr hätte man abwarten können, sagt er. Man könne nur aus einem gefüllten Glas an andere ausschütten. „Wenn einer aus dem Team gehen muss, damit die anderen 150 Euro mehr bekommen können, ist das ein klassisches Beispiel für einen Pyrrhus-Sieg.“
Die Bayreuther Apothekerin Dr. Simone Landwehr findet den Abschluss gut: „Apothekenangestellte sollten nicht für das Regaleeinräumen beim Drogeriemarkt mehr Geld bekommen als in ihrem eigentlichen Beruf. Auch PKA und PTA tragen so viel Verantwortung, dass die Bezahlung nicht mit Angestellten an der Supermarktkasse vergleichbar sein sollte.“ Auch sie wünscht sich von der Politik mehr Entgegenkommen: Auch das Betreiben einer Apotheke mit all seinen Risiken müsse sich lohnen. „Auf Kosten der Angestellten sollte es aber auf jeden Fall nicht gehen. Wir planen demnächst unseren Angestellten einen Inflationsausgleich zu zahlen und haben immer schon Umsatzzuwachsbeteiligungen ausgeschüttet.“
Ein Inhaber auch Bochum betont: „Die Mitarbeiter können nichts für die Misere.“ Grundsätzlich sei er „sehr damit einverstanden“, dass sie mehr Geld erhielten. Wie jedoch kleine Apotheken die erwirtschaften sollten, sei unklar. Außerdem zahlten die meisten Arbeitgeber doch jetzt schon über Tarif. „Vielleicht kann die Erhöhung wenigstens zum Teil verrechnet werden, wenn das den Mitarbeitern plausibel erklärt wird.“ Nicht gut sei, dass die tarifliche Arbeitszeit verringert wird. Auch der Tag Urlaub mehr wäre nicht nötig gewesen.
Auch Apotheker Robert Götz aus Petershausen begrüßt den Abschluss. Es wäre jedoch für den Betrieb leichter gewesen, wenn die Apothekenvergütung angepasst wäre. „So läuft alles konträr mit der Kostenschere, ich gönne und verstehe es und finde es auch richtig“, sagt er. Aber es müsse weiter wirtschaftlich laufen.
Susanne Bormann betont, dass ihr bewusst sei, dass die Angestellten mehr Geld benötigten. „Aber in der jetzigen Situation, wo wir noch gar nicht wissen, wo diese Apothekenreform hingeht und welche weiteren Kosten oder Einsparmaßnahmen da auf uns zukommen oder wie das Gleichgewicht zwischen Light-Apotheke und Stammapotheke wird, finde ich das etwas schwierig.“ Es sei „traurig“, dass die Adexa nicht gemeinsam mit den Apothekern gekämpft und dem Bundesgesundheitsministerium klargemacht habe, dass alle Apothekenberufe unterbezahlt seien und der Grund die fehlende Honoraranpassung sei, sagt die Inhaberin der Apotheke im Nordharz Center. „Das wird weiteren Apotheken noch früher den Kopf kosten, gerade diejenigen, die noch etwas Hoffnung hatten, werden jetzt das Handtuch schmeißen.“
Eine Inhaberin aus Rheinland-Pfalz bewertet den Tarifabschluss als „kontroverses Thema“. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten mehr Gehalt verdient, das sei klar. Vielerorts werde schon übertariflich bezahlt und Boni ausgeschüttet. „Fraglich ist, ob die kleinen Apotheken das stemmen können.“ Die Arbeitszeitverringerung sei ein falsches Signal, da es generell zu wenig Mitarbeitende gebe.
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