Tag der Architektur

Apotheke saniert – im laufenden Betrieb

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Berlin -

Traditionelle Apotheken haben ihren Charme. Eine enge Apotheke mit hohem Lautstärkepegel weniger. Die Bergische Apotheke im nordrhein-westfälischen Wermelskirchen war so ein Fall – bis zu ihrer Umgestaltung im Sommer 2015. Der Architekt persönlich führte am Tag der Architektur 2016 durch sein Werk.

Drei Monate hatte der Umbau der Bergischen Apotheke gedauert – vor einem Jahr im Juni rückten die ersten Handwerker an. „Und im September war nichts mehr wie vorher“, berichtet Inhaberin Ursula Buhlmann. Sämtliche Innenwände der 43 Jahre alten Apotheke hat Architekt Kai Vollmer herausgerissen und neu gezogen. Das Ergebnis: „Der Verkaufsraum ist von 26 auf 61 Quadratmeter angewachsen“, sagt die Apothekerin.

Buhlmann hat die Apotheke 2004 übernommen. Im März 2015 begann sie, den Umbau zu planen. Neben der beengten Verkaufsfläche war die Lautstärke am HV-Tisch Grund für die Neugestaltung. „Es war dunkel, überladen, klein“, fasst Buhlmann zusammen. Jetzt habe ihre „moderne Apotheke mit Retro-Elementen“ eine Akustikdecke, die den Schall schlucke. 200.000 Euro habe der Umbau mindestens gekostet. Doch die Investition mache sich bezahlt: „Es ist unglaublich, wie viel entspannter Arbeiten sein kann“, so Buhlmann.

Auch die Beratungssituation habe sich deutlich gebessert. „Früher standen wir so eng zusammen, dass jeder Kunde beim anderen theoretisch mithören konnte“, sagt sie. Nun liegen zwischen den Beratungsplätzen zwei Meter. Seit dem Umbau ist die Apotheke barrierefrei zugänglich.

Buhlmann hat außerdem einen Kommissionierer angeschafft. Dabei habe sie zunächst gezögert: „Ich wollte nicht, dass Arbeitsplätze wegfallen.“ Doch ein Kommissionierer sei eine sinnvolle Investition, auch schon mit Blick auf den Verkauf der Apotheke. Sie hat sich schließlich für einen Gollmann entschieden. Entlassen musste sie niemanden aus ihrem 14-köpfigen Team. Ihre drei PKA haben inzwischen alle eine Einkaufsweiterbildung absolviert und unterstützen Buhlmann nun vermehrt bei Bürotätigkeiten.

Die Apotheke blieb während des Umbaus durchgehend geöffnet: „Teils turnten die Handwerker fast über unseren Köpfen herum“, erinnert sich Buhlmann. Aber das habe nichts ausgemacht: „Wir sind belastbar und fröhlich – und unsere Kunden zum Glück auch.“ Sie freut sich, dass die Arbeiten gut verzahnt liefen und alles innerhalb von drei Monaten über die Bühne gehen konnte.

Buhlmann hatte ihre Kunden in den Umbau einbezogen. Sie hat regelmäßige Apothekenführungen veranstaltet. Auch online war sie aktiv: „Auf meinem Apothekenblog habe ich regelmäßig über den Baufortschritt berichtet“, sagt sie. Die Zugriffszahlen auf die Artikel seien hoch gewesen, die Kunden hätten also großen Anteil genommen. Außerdem durften die Kunden Namensvorschläge für den Kommissionierer machen: „Er heißt jetzt Findus“, sagt Buhlmann.

Blickfang in der neu gestalteten Offizin ist eine hellpinke Wand. Die war anfangs umstritten: Nicht nur Kunden und Mitarbeiter, sondern auch der Architekt waren damit zuerst nicht einverstanden. „Doch die pinke Wand musste sein; sie passt zu unserem Logo“, betont Buhlmann. Letztlich hätten auch die älteren Kunden den Farbtupfer akzeptiert: „'Wir sind nah dran an Köln, da geht das', war wohl die lustigste Antwort“, sagt Buhlmann. Als die traditionellen Apothekengefäße und Waagen eine Zeit lang wegen des Umbaus aus der Offizin verschwanden, gab es auch Proteste: „Wo ist das Museum hin?“, hätten einige gefragt. Inzwischen sind die Sammlerstücke in Setzkästen längst in den Verkaufsraum zurückgekehrt.

Laut Buhlmann konnten alle Mitarbeiter Vorschläge zum Umbau machen. „Wir haben in der Planungsphase gemeinsam eine Wunschliste erstellt“, berichtet sie. Dabei habe sich beispielsweise eine PTA einen hellen, diskreten Beratungsraum für die Anpassung von Stützstrümpfen gewünscht. Den hat sie bekommen: Er ist von außen nicht sichtbar hinter einer Schwebetür mit Regalelementen verborgen. Wandfarben und Holzarten wurden ebenfalls im Team abgestimmt. „Es ist unsere Apotheke“, so Buhlmann.

Am heutigen Tag der Architektur steht Architekt Vollmer zwischen 12 und 14 Uhr zu seinem Bauwerk Rede und Antwort. Buhlmann entschied sich für ihn aufgrund einer Empfehlung. „Außerdem ist seine Frau ist Apothekerin, dadurch mussten wir die Fachbegriffe der Einrichtung nicht erklären.“ Vollmer habe alle Punkte auf der Wunschliste erfüllen können. Auch die Möbelelemente sind seine Entwürfe. „Ich denke, für einen Architekten ist nichts unmöglich“, sagt Buhlmann.

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