T-Rezepte

AOK verliert Retax-Prozess

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Berlin -

Der DAK Gesundheit drohen aktuell Klagen von Apothekern, die wegen Formfehlern auf T-Rezepten retaxiert wurden. Die Kasse fühlt sich im Recht und verweist auf verschiedene Sozialgerichtsurteile zu ihren Gunsten. Doch ein Fall aus Bayern zeigt, dass sich eine Klage für Apotheker auch lohnen kann: Ein Inhaber aus Erding hat im vergangenen Jahr vor dem Sozialgericht München gegen die AOK Bayern gewonnen. Die Kasse musste den kompletten Betrag plus Zinsen nachzahlen.

Wie in den aktuellen Streitfällen ging es um ein Rezept über Revlimid (Lenalidomid). Der Arzt hatte im Januar 2009, also kurz vor der Einführung der T-Rezepte, auf der Verordnung den Vermerk vergessen, dass alle „Sicherheitsbestimmungen gemäß Fachinformation eingehalten“ wurden. Bei teratogenen Wirkstoffen ist vor allem entscheidend, dass eine Schwangerschaft ausgeschlossen ist.

Der Apotheker hatte sich beim verordnenden Arzt versichert, dass die Patientin entsprechend aufgeklärt worden war. Die Praxis reichte zudem eine schriftliche Bestätigung nach. Dennoch retaxierte die AOK den Betrag von knapp 7000 Euro auf Null. Als der Apotheker daraufhin mit Klage drohte, erstattete die Kasse 80 Prozent des Betrages – aus Kulanz. Der Apotheker wollte aber auf den restlichen knapp 1400 Euro nicht sitzen bleiben und klagte gegen die Kasse.

Das Sozialgericht gab ihm in vollem Umfang recht: „Die einschlägigen Abgabebestimmungen sind vorliegend eingehalten worden, so dass der Rückforderungsanspruch nicht bestand“, heißt es in der Urteilsbegründung.

Zwar sei der Sicherheitsvermerk auf dem Rezept „integraler Bestandteil des deutschen Risikominimierungsprogramms und somit der Zulassung“, heißt es. Die Apotheke sei zur Kontrolle der Rezepte auch verpflichtet und dürfe diese bei Fehlen des Vermerks gemäß der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) nicht beliefern.

Diese Vorschrift enthält laut dem Sozialgericht jedoch eine maßgebliche Einschränkung: „Diese besteht darin, dass der Apotheker das Arzneimittel nicht abgeben darf, bevor die Unklarheit im Sinne der Vorschrift beseitigt ist“, heißt es im Urteil. Ein uneingeschränktes Abgabeverbot bestehe gerade nicht.

Zweck der Verordnung sei die Sicherheit des Arzneimittelverkehrs. Diese könne aber auch gewährleistet werden, „wenn der Apotheker eigenständig das Erforderliche unternimmt, um Irrtümer zu beheben oder Bedenken hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften von Seiten des Verordners auszuräumen“, so das Sozialgericht.

Mit Verweis auf die Fachinformation des Revlimid-Herstellers Celgene sei der Apotheker seiner Pflicht nachgekommen, indem er vor der Abgabe Rücksprache mit dem Arzt gehalten hatte, heißt es weiter. Vom Formalen abgesehen, war die starre Haltung der Kasse auch inhaltlich nicht zu begründen: „Eine Schwangerschaft war bei der 1938 geborenen Versicherten ausgeschlossen“, konstatierte das Gericht.

Explizit nahm das Gericht Bezug auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG), wonach Nullretaxationen grundsätzlich erlaubt sind, wenn Arzneimittel gegen Bestimmungen des Arzneiliefervertrages abgegeben wurden. In diesem Verfahren ging es um die Nichtbeachtung von Rabattverträgen. Im konkreten Fall liege jedoch kein Verstoß gegen die Abgabevorschriften vor, da die Unklarheit vor der Abgabe beseitigt worden sei, so das Sozialgericht.

Die AOK Bayern hat das Urteil akzeptiert und auf eine Berufung verzichtet. Die Entscheidung ist damit rechtskräftig. Der restliche Betrag wurde dem Apotheker zurückgezahlt.

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