SZ-Bericht: Onkologen verlangten tausende Euro für Zyto-Rezepte Nadine Tröbitscher, 20.07.2023 10:35 Uhr
Apotheker Robert Herold aus dem Vogtland sorgt derzeit medial für Aufmerksamkeit. Was die zuständige Krankenkasse seit Jahren nicht interessierte, nämlich die hohen Margen bei Zytostatika, schlägt jetzt große Wellen. „Ich habe Angst, als Nestbeschmutzer dazustehen“, titelt die Tagesschau. Die Süddeutsche Zeitung berichtet von „dunklen Geschäften mit Chemomedikamenten“ und Onkologen, die tausende Euro für Zyto-Rezepte verlangt haben sollen.
Herold ist Zytoapotheker aus Überzeugung. Gegenüber WDR, NDR, Süddeutsche Zeitung und dem ARD-Magazin Monitor berichtet er von hohen Margen von bis zu 1.000 Euro bei Zytostatika. Ein „krankes Milliardengeschäft“, so die SZ. Die Rede sei vom „Pharmagold“. Aber Herold wolle dieses Gold nicht mehr. Der Teil, der bei den Apotheken hängen bleibe, sei zu hoch. Herold berichtet von einer Onkologin, die vor einigen Jahren 5.000 Euro im Monat von ihm gefordert habe, damit sie ihm die Rezepte weiterleite. Ein anderer Onkologe habe 20.000 Euro im Monat gefordert. Das kam für Herold nicht in Frage. Er lehnte ab und die Rezepte seien in anderen Apotheken gelandet.
Der Apotheker selbst wandte sich, der SZ zufolge, an die Medien – mit Dokumenten, Preislisten, Quittungen. Diese zeigen, wie hoch die Margen bei Krebsmedikamenten seien. Bei Herold gehe es um einige Zehntausend Euro im Jahr, die er zu viel verdiene. Bei anderen Apotheken gehe es um Millionen.
100 Euro Arbeitspreis kann Herold für die Zytostatikaherstellung abrechnen. Hinzukommen beispielsweise im Falle Bevacizumab zu 1.500 mg bei einem Einkaufspreis von 900 Euro eine Erstattung von rund 2.000 Euro – ein Gewinn von 1.100 Euro. Vor allem bei den Blockbustern seien für die Apotheken besonders hohe Zusatzgewinne möglich. Laufe das Patent aus, fallen die Preise.
Ein Apotheker wie Herold, der Chemo-Infusionen zubereitet, kann neben den 100 Euro, die er bekommt, aber noch einen Zusatzgewinn machen: über die Abrechnung der Krebsmedikamente. Die 1500 Milligramm des Wirkstoffs Bevacizumab zum Beispiel, die Thomas Weiler pro Infusion verabreicht werden, könnte Herold aktuell für weniger als 900 Euro einkaufen. Die Kassen erstatten ihm aber aktuell rund 2000 Euro – ein Gewinn von etwa 1100 Euro zusätzlich zur Pauschale. Wie kann das sein?
„Ich habe Angst als Nestbeschmutzer dazustehen“, zitiert die SZ den Apotheker. Seine Frau fürchte, dass sich Ärzt:innen und schließlich Patient:innen abwenden könnten. „Wir müssen uns solidarisch mit den Krankenkassen zeigen“, wird Herold zitiert. Er wolle niemanden – auch keine Berufsgruppe – durch den Dreck ziehen, sondern Gerechtigkeit im Gesundheitswesen.
Von den weniger als 18.000 Apotheken stellen hierzulande weniger als 300 Zytostatika her. Und nur die würden von dem Geld profitieren. Dennoch befürchtet Herold, dass es bald weniger Apotheken sein könnten. Er spricht von einem Konzentrationsprozess.