SWR plant Testkäufe Nadine Tröbitscher, 15.12.2017 12:56 Uhr
Apotheker in Baden-Württemberg aufgepasst: Ihnen stehen möglicherweise Testkäufe zum Thema Erkältung bevor. Grund ist ein redaktioneller Beitrag des SWR für das Format „Marktcheck“.
Der SWR plant für den 16. Januar eine Sendung zum Thema „Erkältung: Nasensprays aus der Apotheke“. Der Landesapothekerverband (LAV) Baden-Württemberg schließt Testkäufe für die Recherche nicht aus und sensibilisiert die Apotheken für offene oder verdeckte Stichproben. Wann die Reporter die Apotheken aufsuchen, ist leider nicht bekannt. Außerdem sei nicht auszuschließen, dass ein Arzt oder Apotheker im Voraus den Beratungsmaßstab vorgeben werde.
Die Recherche in den Apotheken werde offenbar von der redaktionellen Erkenntnis geleitet, dass eine Fehlanwendung von Nasensprays zu einer Abhängigkeit führen kann, so der LAV. Die Testkäufe sollen beantworten, welche Wirkstoffe generell in der Apotheke angeboten werden und welche Produkte bei welchen Indikationen empfohlen und abgegeben werden. In die Bewertung sollen auch die gestellten Fragen an den Kunden sowie die Hinweise zur Anwendung oder zu Alternativen der abschwellenden Wirkstoffe im Rahmen des Beratungsgespräches einfließen.
Apotheken sind gut beraten, die BAK-Leitlinie Selbstmedikation und die Arbeitshilfe zum Thema Schnupfen im Team durchzusprechen und für die Beratung heranzuziehen. Außerdem sollten die unbedingten Warnhinweise im Beratungsgespräch nicht vergessen werden.
Das Beratungsgespräch soll nicht nur klären für wen das Nasenspray ist, sondern auch ob die Grenzen der Selbstmedikation überschritten sind. Die Eigendiagnose sollte daher hinterfragt werden. Dazu sollte abgeklärt werden, welche Beschwerden und Begleitsymptome bestehen und welche anderen Erkrankungen vorliegen. Dabei sollte auch die Dauermedikation abgefragt werden. Je nach Art der Beschwerden und des Gesundheitszustandes des Kunden sollte nun der entsprechende Wirkstoff ausgewählt werden.
Wird ein abschwellendes Nasenspray empfohlen, ist laut BAK auf eine Behandlungsdauer von maximal fünf Tagen hinzuweisen. Abschwellende Nasensprays können Xylometazolin oder Oxymetazolin enthalten. Xylometazolin ist zur nasalen Anwendung bei einer akuten Rhinitis sowie zur unterstützenden Behandlung von Haut- und Schleimhautläsionen, anfallsweise auftretendem Fließschnupfen sowie der Nasenatmungsbehinderung nach operativen Eingriffen zugelassen.
Die Sympathomimetika wirken gefäßverengend und lassen die Nasenschleimhäute durch Wirkung auf die Alpha-Adrenozeptoren abschwellen. Die Arzneistoffe stimulieren auch Beta-Rezeptoren, die einen gefäßerweiternden Effekt auslösen – die Gefäßverengung überwiegt jedoch. Die Atmung ist erleichtert und die Sekretion nimmt ab. Die Wirkung tritt schnell ein und hält bis zu zwölf Stunden an. Daher beträgt die maximale Dosierung einen Sprühstoß pro Nasenloch alle sechs bis acht Stunden, jedoch höchstens dreimal. Zu anderen Medikamenten soll laut BAK ein Abstand von zwei bis drei Stunden eingehalten werden. Ist nach maximal sieben Tagen keine Besserung beziehungsweise eine Verschlechterung der Beschwerden eingetreten, ist die Grenze der Selbstmedikation erreicht und die Betroffenen sollten einen Arzt aufsuchen.
Werden die Präparate über einen Zeitraum von sieben Tagen hinaus angewendet, kann eine Rhinitis medicamentosa die Folge sein. Sie äußert sich in einer chronischen Schwellung der Nasenschleimhäute. Betroffene nutzen weiter das abschwellende Spray und geraten in einen Teufelskreis.
Für die richtige Anwendung können zusätzliche Tipps gegeben werden. Patienten sollten vor der ersten Anwendung in die Luft sprühen bis ein gleichmäßiger Sprühnebel entsteht. Das Dosiersystem hat sich mit der Menge gefüllt, die für eine Anwendung notwendig ist. Wer den Kopf leicht nach unten senkt, erreicht einen besseren Sprühwinkel und verhindert, dass das Spray den Rachen herunterläuft. Sollte dennoch Flüssigkeit in den Rachen laufen, sollte diese ausgespuckt und nicht geschluckt werden. Verwender von Nasentropfen sollten ebenfalls nach dem Einträufeln den Kopf nach vorne anstatt nach hinten beugen und ihn nach links und rechts bewegen, um die Schleimhäute gleichmäßig zu benetzen.
Einige Nasensprays können die Nasenscheidewand schädigen – vor allem kortisonhaltige Zubereitungen. Damit die Lösung nicht an der Nasenscheidewand hängen bleibt, sollte für einen besseren Sprühwinkel – vom Septum weg, mit der rechten Hand in das linke Nasenloch und mit der linken Hand ins rechte Nasenloch gesprüht werden. Am Naseneingang befindet sich ein Haarkranz, der die Lösung abfangen kann, wenn der Adapter nicht tief genug eingeführt wird. Um die Filterfunktion zu umgehen, sollte der Sprühaufsatz etwa einen Zentimeter tief in die Nase eingeführt werden. Nach der Anwendung sollte der Nasenapplikator gereinigt und mit der Schutzkappe abgedeckt werden.
Nasensprays enthalten häufig Benzalkoniumchlorid als Konservierungsmittel. Der Hilfsstoff soll die Haltbarkeit der Lösungen verlängern, denn während des Einsprühens in die Nase können pathogene Keime an den Sprühaufsatz oder in die Lösung gelangen und sich dort vermehren. Benzalkoniumchlorid werden antibakterielle und antivirale Eigenschaften zugesprochen, da das Antiseptikum sich in den Zellmembranen der Organismen einlagert und diese zerstören kann.
Die Substanz wird jedoch auch mit allergischen Reaktionen in Verbindung gebracht. Benzalkoniumchlorid reduziert die Sensibilität der Zellen gegenüber Histamin, es kommt zu Nies- und Juckreiz. Außerdem ist die Substanz eine Gefahr für die Flimmerhärchen in der Nase. Millionen feiner Zilien transportieren das Sekret wie ein Fließband ab und sind damit maßgeblich an der Selbstreinigungsfunktion beteiligt. Benzalkoniumchlorid vermindert jedoch die wellenartige Schlagfrequenz der Flimmerhärchen, bis diese schließlich ganz gelähmt sind und zum Stillstand kommen. Die gereizte und trockene Nasenschleimhaut ist anfälliger für weitere pathogene Keime. Die Nasenschleimhaut kann auf lange Sicht geschädigt werden.
Der SWR beschäftige sich bereits im vergangenen Jahr mit dem Thema Schnupfen. Der Beitrag wurde erst kürzlich wieder ausgegraben und auf 3Sat ausgestrahlt. Apotheken kamen nicht gut weg – ihnen gehe es lediglich um das Verkaufen.