Seit dem 10. Dezember gilt die Aut-idem-Liste für acht Wirkstoffe, darunter L-Thyroxin. Diese Präparate dürfen seitdem in der Apotheke nicht mehr gegen ein wirkstoffgleiches Arzneimittel ausgetauscht werden. Wird trotzdem substituiert, droht je nach Krankenkasse die Nullretaxation. Schräger Fall: Ein Apotheker aus Nordrhein-Westfalen (NRW) erhielt einen Tag vor Weihnachten eine Retaxation – weil er L-Thyroxin nicht ausgetauscht hatte.
Der behandelnde Arzt hatte das Schilddrüsenhormon von 1A Pharma aufgeschrieben. Die BKK R+V hat aber einen Rabattvertrag mit dem Hersteller Aristo über dessen Präparat Eferox geschlossen. Da die Abgabe vor Inkrafttreten der Aut-idem-Liste erfolgte, hätte die Apotheke sich an den Rabattvertrag halten müssen.
Die Prüfstelle der BKK – das Deutsche Dienstleistungszentrum für das Gesundheitswesen (DDG) aus Essen – retaxierte wegen Nichtbeachtung des Rabattvertrags. Worüber sich der betroffene Apotheker ärgert: Das Schreiben des DDG trägt das Datum vom 19. Dezember. Zu diesem Zeitpunkt war die Aut-idem-Liste schon eine gute Woche in Kraft.
Formal habe die Kasse mit ihrer Retaxation vermutlich recht, so der Apotheker. Das Timing findet er aber ausgesprochen unglücklich. Das mit der Retaxation monierte Verhalten sei zum Zeitpunkt der Retaxation korrekt gewesen. Die Kasse und ihre Prüfstelle hätten dies berücksichtigen können, findet der Pharmazeut. Immerhin: Abgesetzt wurde nur die Differenz von 3,47 Euro, eine Nullretaxation erfolgte also nicht.
Seit Anfang des Jahres ist die Aut-idem-Liste in der Apotheken-EDV umgesetzt. In der Software wird nur noch das verordnete Produkt angezeigt, Rabattverträge oder sonstige Substitutionsvorschläge sind ausgeblendet. Einen eigenen Warnhinweis zu den betroffenen Wirkstoffen gibt es aber bislang nicht. Wählt ein Apotheker ein anderes als das verordnete Arzneimittel aus, wird dieses in der Software als zulässige Abgabe – ohne Austauschmöglichkeit – angezeigt.
Will der Apotheker ohne Retaxrisiko ein anderes Präparat abgeben oder hat der Arzt nur den Wirkstoff verschrieben, muss der Patient zurück in die Praxis und sich eine neue Verordnung besorgen. Auch pharmazeutische Bedenken können die Apotheker bei den acht betroffenen Wirkstoffen nicht mehr geltend machen.
Im Dezember hatte das plötzliche Inkrafttreten der Aut-idem-Liste für Ärger gesorgt: Die Liste wurde vom G-BA ohne Frist scharf gestellt, eine pünktliche Umsetzung in der Software war damit nicht möglich. Somit wurden Apotheker in den letzten drei Wochen des Jahres teilweise zum Austausch aufgefordert, obwohl die Präparate schon für die Substitution gesperrt waren. Ob in diesen Fällen Retaxationen drohen, hängt von der Krankenkasse ab.
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