Stückel-Retax

Kasse verlangt dreifache Zuzahlung

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Berlin -

Gut gemeint, schlecht gelaufen: Eine Apothekerin aus Nordrhein-Westfalen wurde retaxiert, weil sie einem Kunden die erhöhte Zuzahlung ersparen wollte. Sie hatte die Zuzahlung einer nicht lieferfähigen Großpackung kassiert, obwohl sie drei Kleinpackungen abgegeben und abgerechnet hatte. Das Sozialgericht Aachen hat entschieden, dass die Kasse die Differenz zurecht abgesetzt hat.

Der Kunde hatte im Dezember 2012 ein Rezept über eine N3-Packung Atmadisc (Fluticason, Salmeterol) vorgelegt. Der Hersteller GlaxoSmithKline (GSK) konnte die Großpackung allerdings mindestens bis Jahresende nicht liefern. Da eine N2-Packung nicht im Handel ist, gab die Apothekerin drei N1-Packungen ab.

Um den Kunden nicht unnötig zu belasten, verlangte sie die Zuzahlung der Großpackung in Höhe von zehn Euro – statt dreimal 5,66 Euro für die Kleinpackungen. Abgabe und Zuzahlung vermerkte sie auf dem Rezept, ebenso den Lieferengpass.

Ein halbes Jahr später retaxierte die Kasse die Differenz von 6,98 Euro. Nach erfolglosem Einspruch klagte die Apothekerin gegen die Retaxierung. Sie sehe es nicht ein, dass ihre Patienten dafür bluten müssten, dass die Industrie nicht in der Lage sei, stets alle Medikamente vorrätig zu halten.

Die Kasse berief sich dagegen auf den Abgabepreis. Nur dieser sei bei der Berechnung der Zuzahlung maßgebend. Wenn sich die Apothekerin nicht mit dem Hersteller einigen könne, könne sie einen Appell an den Gesetzgeber richten.

Das Sozialgericht gab der Kasse recht. Die Apothekerin sei zwar laut Rahmenvertrag berechtigt und sogar verpflichtet gewesen, die drei Kleinpackungen abzugeben. Anknüpfungspunkt für die Zuzahlung sei aber immer der Abgabepreis. Anderenfalls wären konsequenterweise auch das Apothekenhonorar und der Kassenabschlag nicht nach den abgegebenen Packungen, sondern nach dem verordneten Arzneimittel zu berechnen. „Diese Konsequenz ihrer Auffassung zieht die Klägerin aber nicht“, so die Richter.

Dazu hätte die Apothekerin allerdings falsche Angaben auf dem Rezept machen müssen – indem sie die Abgabe der Großpackung aufgedruckt hätte. Für diese Form des „Stückelns“ stand der gesamte Berufsstand schon einmal am Pranger. Die Ehrlichkeit der Apothekerin wurde ihr an dieser Stelle zum Verhängnis.

Zwar sei es auf den ersten Blick verständlich, dass die Apothekerin Nachteile für ihre Kunden vermeiden wolle, befinden die Richter. Das spiegele jedoch nur die eine Seite der Medaille wider – die andere Seite sei die Apotheke. Tatsächlich habe diese wirtschaftlich von den Lieferschwierigkeiten des Herstellers profitiert, die Kosten aber auf die Krankenkasse abgewälzt. Diese habe den Lieferengpass aber genauso wenig zu verantworten wie Patient oder Apotheke.

Die Richter erkannten zwar das Problem der höheren Zuzahlungen durch Lieferengpässe. Es sei aber nicht Sache des Gerichts, diese Lücke durch eine zweifelhafte Auslegung der Vorschriften zu schließen. Dies obliege allenfalls dem Gesetzgeber, so das Urteil.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat das Sozialgericht Sprungrevision zugelassen. Damit könnte der Fall direkt vom Bundessozialgericht verhandelt werden.

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