Auf der Arzneimittelpackung dürfen Hersteller keine Werbeaussagen unterbringen. Über die Grenze des Zulässigen wird mal wieder vor Gericht gestritten. Das Landgericht München II (LG) hat am Mittwoch entschieden, dass der Hinweis auf eine „geänderte Rezeptur“ noch keine Werbung ist. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Die Verpackung ist für die Hersteller ein wichtiger Werbeträger. Name und Design des Produkts spielen für den Erfolg eine nicht unmaßgebliche Rolle. Deswegen gehen die Unternehmen regelmäßig an die rechtlichen Grenzen. Die Marketingabteilung hat eine gute Idee, doch die Hausjuristen schütteln die Köpfe. Irgendwann wagt sich ein Hersteller doch aus der Deckung – und der Mitbewerber schaltet die Wettbewerbszentrale ein.
In diesem Fall ging es um Magnesium-Sandoz Brausetabletten mit 243 mg von Hexal. Die Novartis-Tochter hatte die Packung mit dem Hinweis „geänderte Rezeptur“ versehen. Dagegen war die Wettbewerbszentrale vorgegangen. Sie hatte den Hinweis auf der Packung als unzulässige Werbung gesehen. Ein Grenzfall, wie man auch in Bad Homburg weiß.
Während der Begriff „neu“ regelmäßig als Werbeaussage gesehen wird, hatte das LG mit der „geänderten Rezeptur“ offenbar keine Probleme. Die Klage der Wettbewerbszentrale wurde abgewiesen. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor und die Entscheidung ist auch noch nicht rechtskräftig. Die Wettbewerbszentrale kann noch in Berufung gehen. Dass Hexal in erster Instanz als Sieger vom Platz gehen würde, hatte sich abgezeichnet: Das LG hatte schon den Antrag der Wettbewerbszentrale auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht angenommen, so dass der Fall erst im Hauptsacheverfahren entschieden wurde.
Der Wettbewerbszentrale geht es um die Grundsatzfrage, ob Arzneimittelverpackungen unter Umständen doch als Werbeträger fungieren dürfen. „Oder konkret: Was ist noch Information und was ist schon Werbung?“ Das will die Wettbewerbszentrale klären lassen, damit sich alle Hersteller danach richten können. „In der Branche herrscht Uneinigkeit dahingehend, ob der Verbraucher dies im Sinne von ‚verbesserter Rezeptur‘ versteht, womit dann ein Werbeeffekt verbunden ist. Aus diesem Grund will die Wettbewerbszentrale für die Branche klären lassen, wie weit die Beschränkungen des § 10 AMG reichen.“
In § 10 Arzneimittelgesetz (AMG) ist detailliert aufgelistet, was auf einer Arzneimittelpackung stehen muss: der Name oder die Firma mit Anschrift, Name des Arzneimittels gefolgt von Stärke und der Darreichungsform mit gegebenenfalls weiteren Angaben hierzu. Auch die Zulassungsnummer, Chargenbezeichnung, Herstellungsdatum, und Darreichungsform gehören auf die Verpackung, ferner der Inhalt nach Gewicht, Nennvolumen oder Stückzahl und die Art der Anwendung.
Die Wirkstoffe müssen nach Art und Menge angegeben sein, das Verfalldatum mit dem Hinweis „verwendbar bis“. Je nach Arzneimittel ist auch der Hinweis „verschreibungspflichtig“ oder „apothekenpflichtig“ anzubringen – oder „unverkäufliches Muster“. Bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist der Verwendungszweck anzugeben. Schließlich muss es einen Warnhinweis geben, die Arzneimittel unzugänglich für Kinder aufzubewahren sowie gegebenenfalls weitere besondere Vorsichtsmaßnahmen.
Bei zusätzlichen Angaben, zumal werblichen, war die Rechtsprechung bislang eher streng. So wurde dem Hersteller Salus von den Verwaltungsgerichten untersagt, das firmeneigene Bio-Siegel auf der Arzneitee-Verpackung abzubilden. Nach AMG sind weitere Angaben auf den Behältnissen und äußeren Umhüllungen nur zulässig, soweit sie mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang stehen oder für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten wichtig sind. Nicht zulässig sind Angaben, die Werbecharakter haben können – also dazu gedacht sind, den Absatz zu fördern, indem sie das Produkt gegenüber der Konkurrenz herausstellen.
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