Dr. Vlad Agotici streitet mit Phoenix, die Auseinandersetzung geht Mitte Mai sogar in München vor das Oberlandesgericht (OLG). Im Raum stehen 20.000 Euro, die der Inhaber der Passauer Innstadt-Apotheke in bar zurückhaben will. Der Großhändler will jedoch bestenfalls die Ware zurückgeben, die er vor drei Jahren abgeholt hat. Im Zuge des Streites kamen für den Apotheker noch weitere Fragen auf: Warum darf ein Großhändler überhaupt verfallene Ware einlagern? Agotici ist fassungslos.
„Ich bin ein überrascht, wie tolerant die Behörden gegenüber den Großhändlern sind, während bei Apotheken alles genau kontrolliert wird“, so Agotici. Denn die Frage, wie Phoenix die geforderten 20.000 Euro ausgleichen könnte, macht den Apotheker sprachlos: „Phoenix hat nicht Ware in diesem Wert angeboten, sondern genau die Ware, die vor drei Jahren abgeholt wurde. Das heißt, der Großhandel stellt sich vor, er liefert mir am Ende des Tages nur noch Müll. Denn ganz egal, was er 2021 abgeholt hat: 2024 ist alles höchstwahrscheinlich abgelaufen. Das heißt, der Schaden bleibt bei mir in voller Höhe.“
Im Prozess will Agotici nun erreichen, dass Phoenix ihm das Geld auszahlen muss. „Was soll ich mit Ware, die abgelaufen ist?“
Darum geht es bei dem Streit: Im Januar 2021 kaufte der Apotheker für 30.000 Euro bei Phoenix ein; allerdings konnte die Sammelrechnung nicht wie vereinbart eingezogen werden, sodass die Lastschriften platzten und der Betrag rückbelastet wurde. Einen Teilbetrag in Höhe von 7000 Euro konnte er direkt begleichen, sodass er zunächst weiter Ware bei Phoenix beziehen durfte. Den Rest wollte er vereinbarungsgemäß nach der Abschlagszahlung überweisen.
Doch Phoenix zeigte bei der VSA die Vorausabtretung der Ansprüche aus dem Eigentumsvorbehalt an und forderte die Auszahlung der offenen Beträge aus den Abrechnungsgeldern. Zahlungsvereinbarungen wurden gekündigt und die offenen Forderungen fällig gestellt.
Neben dem Geld vom Rechenzentrum holte der Großhändler laut Agotici auch noch Ware in der Apotheke ab. Nach Schilderung des Apothekers waren vorübergehend Gelder und Waren im Gesamtwert von 100.000 Euro blockiert. Der größte Teil sei bereits zurückabgewickelt, 20.000 Euro stehen aber immer noch im Raum. Diese will Phoenix nun im Rahmen der beschlagnahmten Ware zurückgeben.
Für Agotici war der Streit ein Anlass, die zuständige Aufsichtsbehörde einzuschalten. Denn er konnte sich nicht vorstellen, dass es dem Großhändler gestattet ist, die abgelaufene Ware zu lagern. „Ich bitte Sie, diese Verstöße gegen die gültigen gesetzlichen Vorschriften und gegen die GDP-Vorschriften zu prüfen und die entsprechenden Maßnahmen anzuwenden, um die Gefährdung der Allgemeinheit zu stoppen“, schrieb Agotici der Regierung Oberbayern.
„Ich habe mir vorgestellt, dass die Aufsichtsbehörde sich darum kümmern wird. Leider nicht: Die Aufsichtsbehörde meint, es sei völlig in Ordnung, seit Jahren abgelaufene Ware beim Großhandel zu lagern und – wenn ich den Prozess verliere – auch an Apotheken zu liefern“, so Agotici. Man habe den Vorgang überprüft und keinen arzneimittelrechtlichen Verstoß von Phoenix feststellen können, hieß es von der Regierung Oberbayern.
Diese Tatsache macht den Apotheker neben dem ohnehin ausstehenden Betrag zusätzlich wütend. Er überlegt sogar, den Sachverhalt auch seinen Kund:innen gegenüber zu kommunizieren. Schließlich sei die Lagerung abgelaufener Medikamente in der Apotheke „tabu“. Überwachungsmechanismen in den Apotheken sorgten dafür, dass niemals abgelaufene Ware gelagert werde – was den Apotheken verboten ist, ist den Großhändler erlaubt; für Agotici nicht nachvollziehbar.
APOTHEKE ADHOC Debatte