Hinterziehen Apotheker und Ärzte Steuern, begeben sie sich gleich doppelt in Gefahr. Ihnen drohen nicht nur Ärger mit dem Finanzamt bis hin zu strafrechtlicher Verfolgung, sondern im Fall einer Verurteilung auch ein Berufsverbot. Jetzt hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) den Approbationsentzug gegen einen Zahnarzt bestätigt, der rund 60.000 Euro hinterzogen hatte. Urteile in vergleichbaren Fällen waren bislang milder ausgefallen.
Der Zahnarzt hatte nachweislich Steuern hinterzogen und war deshalb vom Amtsgericht München zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Konkret ging es um falsche Einkommenssteuererklärungen in den Jahren 1999 bis 2002 sowie 2004, in denen er Einnahmen aus seiner Tätigkeit als Zahnarzt nicht vollständig erklärt hatte. Außerdem hatte er Ausgaben in großem Umfang zu Unrecht als Betriebsausgaben geltend gemacht und Kapitaleinkünfte verschwiegen. Mindestens 59.568 Euro an Steuern soll er laut Urteil so verkürzt haben sowie Solidaritätszuschläge von mindestens 3256 Euro.
Die Regierung von Oberbayern widerrief im September 2013 die Approbation des Zahnarztes, da er sich als unwürdig zur Ausübung seines Berufes erwiesen habe. Der Zahnarzt klagte dagegen, verlor im Januar 2016 aber vor dem Verwaltungsgericht München. Seinen Antrag auf Zulassung der Berufung hat der VGH Im November zurückgewiesen. Damit greift das Berufsverbot.
Der Zahnarzt hatte noch vorgetragen, dass die 2012 ausgestellten neuen Steuerbescheide zu einer erheblichen Verringerung der Steuernachzahlung geführt hätten. Das Strafurteil – das allein auf seinem Geständnis beruhe – weise daher Defizite auf, die beim Approbationsentzug hätten berücksichtigt werden müssen. Das Finanzamt habe den Bescheid über Hinterziehungszinsen im März 2014 wieder aufgehoben.
Die Gerichte bewerten das anders. Die finanzgerichtliche Einigung und die darauf beruhende Steuerfestsetzung seien im Verfahren berücksichtigt worden. Das Strafgericht sei in seinem Urteil von einem Vorsatz ausgegangen. Ein Wiederaufnahmeantrag sei zudem als unzulässig verworfen worden, da unter anderem das Strafgericht an Änderungen von Steuerbescheiden gar nicht gebunden sei.
Der Zahnarzt findet – mit Verweis auf die Rechtsprechung zu Steuerstraftaten – sein steuerliches Fehlverhalten auch nicht so schwerwiegend, dass die Annahme der Berufsunwürdigkeit gerechtfertigt sei. Das Verwaltungsgericht hatte dagegen geurteilt, dass die Steuerstraftaten geeignet seien, das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand der Zahnärzte auf schwere Weise zu schädigen. Der Kläger habe über mehrere Jahre hinweg Steuern verkürzt, von einem einmaligen Fehlverhalten könne daher nicht mehr gesprochen werden. Das verhängte Strafmaß von zehn Monaten zeige, dass es sich nicht um eine Bagatelle handele.
Der VGH schließt sich dem an und sieht keinen Grund, die Sache erneut zu verhandeln. Die Steuerhinterziehung in diesem konkreten Fall sei ein schwerwiegendes Fehlverhalten im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand könne damit nachhaltig erschüttert werden, bliebe das Verhalten für den Fortbestand der Approbation folgenlos.
Laut VGH kommt es auf die Umständen des Einzelfalls an. Die begangene Steuerhinterziehung sei „eine schwere Straftat, die jedenfalls mittelbar in Zusammenhang mit dem Beruf des Klägers steht“, so der Beschluss. „Ein Gewinnstreben um jeden Preis steht in einem unauflösbaren Widerspruch zu dem in der Öffentlichkeit vorhandenen Bild des helfenden Zahnarztes, der seinen Beruf gewissenhaft und nach den Geboten der ärztlichen Ethik und der Menschlichkeit ausübt“, so die Richter.
Sein Geständnis habe der Zahnarzt erst am Ende der Verhandlung abgelegt, es sei zudem nur von wenig Reue und Schuldeinsicht getragen gewesen. Zudem sei es bei der Strafzumessung berücksichtigt worden. Entgegen seiner der Ansicht lasse die verhängte Strafe auf ein schwerwiegendes Fehlverhalten schließen. Dem stehe die Strafaussetzung zur Bewährung nicht entgegen.
Der Zahnarzt wollte von den Gerichten auch überprüfen lassen, ob es für die Berufsunwürdigkeit eine untere Grenze für ein Strafmaß gibt, ab der zwingend die Approbation zu widerrufen sei. Aus Sicht des VGH ist das keine zu klärende Grundsatzfrage. Ob ein gravierendes Fehlverhalten vorliege, hänge entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab und entziehe sich einer weiteren fallübergreifenden Klärung. Die Berufsunwürdigkeit setze die Verhängung eines bestimmten Mindeststrafmaßes nicht voraus. Das VG Augsburg hatte noch im vergangenen Jahr eine solche Schwelle gezogen und einem Apotheker, der 90.000 Euro hinterzogen hatte, den Approbationsentzug erspart.
Die Approbation kann von den zuständigen Aufsichtsbehörden widerrufen werden. Dazu muss sich der Apotheker laut Paragraf 6 der Bundesapothekerordnung (BApO) „eines Verhaltens schuldig gemacht haben, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Apothekerberufs ergibt“. Die Aufsicht entscheidet, ob einem Pharmazeuten bei Verfehlungen nicht nur die persönliche Eignung zum Führen seines Betriebs, sondern auch zur Ausübung seines Berufs abgesprochen wird.
Wird ein Apotheker wegen sogenannten Offizialdelikten wie Mord, Totschlag, Steuer- und Abrechnungsbetrug angeklagt, ergeht vom Gericht automatisch eine Information an die zuständige Behörde – in den meisten Fällen ist die Aufsicht bei den Ländern angesiedelt. Auch Drogenhandel oder Alkoholmissbrauch können die Approbation kosten.
Mit dem Widerruf der Approbation beziehungsweise der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung muss die Aufsichtsbehörde nicht warten, bis ein rechtskräftiges Urteil vorliegt: Im vergangenen Jahr hatte das VG Oldenburg entschieden, dass sich noch nicht einmal ein Gericht mit der Sache auseinandergesetzt haben muss. Schon aus der Erhebung der Anklage durch die Staatsanwaltschaft könne im Einzelfall der Schluss auf die Unzuverlässigkeit gezogen werden, die einen Widerruf der Berufserlaubnis rechtfertige.
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