Die Bundesregierung will im Kampf gegen Steuerhinterziehung selbst aktiv werden – und nicht auf ein gemeinsames europäisches Vorgehen warten. Bis zum Herbst soll ein Beschluss über eine Sicherungslösung für Kassensysteme vorliegen. Die Umstellung der Kassen könnte 2017 zur Pflicht werden.
Die Finanzminister der Länder hatten sich in ungewohnter Einigkeit bereits vor einem Jahr darauf verständigt, das System INSIKA bundesweit einzuführen. INSIKA steht für „Integrierte Sicherheitslösung für messwertverarbeitende Kassensysteme“. Mittels einer sogenannten Smartcard werden dabei alle steuerrelevanten Vorgänge an der Kasse aufgezeichnet. Manipulationen der Daten sollen so unmöglich gemacht werden.
Das Bundesfinanzministerium (BMF) war jedoch zunächst zurückhaltend. Das Ressort von Wolfgang Schäuble (CDU) soll Vorbehalte gegen die Festlegung auf INSIKA gehabt haben. Zudem sei eine EU-weite Lösung favorisiert worden. Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) hatte dem Vernehmen nach ebenfalls Bedenken – wegen der vermuteten Kosten für die Betriebe.
Bei der Finanzministerkonferenz am 25. Juni verständigte man sich auf einen Kompromiss: In den kommenden Wochen soll geprüft werden, ob eine andere technologieoffene Sicherungslösung entwickelt werden kann. Dies könnte über eine öffentliche Ausschreibung oder die direkte Ansprache potentieller Anbieter wie etwa technischer Institute geschehen. Insider gehen davon aus, dass sich noch vor der Sommerpause etwas tut.
Als möglichen Termin für die Einführung von INSIKA oder einer entsprechenden Alternative wird immer wieder der 1. Januar 2017 genannt. Der Gesetzgeber hätte damit genug Zeit für eine ebenfalls notwendige Änderung der Abgabenordnung (AO). Die Wirtschaft hätte eine ausreichende Frist für die Umstellung der Kassensysteme.
Ohnehin läuft Ende 2016 eine Übergangsfrist aus. Dann endet der Bestandsschutz für Kassen bei bargeldintensiven Betrieben, die noch keine Einzelaufzeichnungen vornehmen können. Apotheken betrifft das nicht, da deren PC-Kassen ohnehin schon über diese Funktion verfügen.
Umstritten war allerdings lange Zeit, welche Daten die Apotheken bei einer Betriebsprüfung überhaupt herausgeben mussten. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte im Dezember entschieden, dass der Fiskus Anspruch auf alle Einzeldaten aus der Warenwirtschaft hat. Weitere Verfahren sind allerdings noch an den Finanzgerichten anhängig.
Auch deshalb ist davon auszugehen, dass mit der Einführung von INSIKA eine gesetzliche Klarstellung einhergehen wird, dass eine Einzelaufzeichnung verpflichtend ist. Zudem soll es eine Verschärfung der Strafen bei Manipulationen geben. Die Finanzämter sollen ferner berechtigt werden, unangemeldete Kontrollen über die ordnungsgemäße Funktion der Kassen vorzunehmen.
Das wäre mit INSIKA besonders leicht: Bei jedem Vorgang wird eine Hashcode auf den Kassenbon gedruckt. Diesen kann der Finanzbeamte nach einem Testkauf mit seinem Smartphone auslesen und kontrollieren. Fehlt der QR-Code ganz, kann die Betriebsprüfung sogar sofort abgebrochen und eine Hinzuschätzung vorgenommen werden.
Deshalb ist die Einführung einer technischen Lösung zur kryptografischen Sicherung des Geschäftsvorfalls der springende Punkt. Das Lesegerät für die Smartcard kann über eine gewöhnliche USB-Schnittstelle mit der Kasse verbunden werden. Bei einer Betriebsprüfung kann der Finanzbeamte die unveränderlichen Daten auslesen und mit anderen Informationen – wie etwa dem Warenbestand – abgleichen. Unregelmäßigkeiten sollen auf diese Weise sofort auffallen.
Im QR-Code sollen alle relevanten Steuerumsätze gespeichert werden. Die Softwareanbieter müssten dann entsprechende Schnittstellen zu INSIKA programmieren. Konkrete Anforderungen sind aber noch nicht definiert. Auch das ist jetzt Sache des Gesetzgebers. Da Länder wie Italien, Belgien und unlängst Österreich bereits eigene Verschärfungen bei der Steuerprüfung entwickelt haben, wird Deutschland nicht mehr auf eine EU-Lösung warten. Die Fahrtenschreiber für die Kassen kommen – spätestens 2017.
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