Betriebsprüfung

Steuerfalle: Friedhof der Kuscheltiere APOTHEKE ADHOC, 18.10.2017 10:27 Uhr

Berlin - 

Kommt wieder einmal der Betriebsprüfer in die Apotheke, steigt beim Inhaber meist der Blutdruck. Selbst absolut korrekte Pharmazeuten machen sich Sorgen, ob sie wirklich alle Anforderungen erfüllen. Besondere Vorsicht ist bei den Pharmazentralnummern (PZN) der 8er- und 9er-Reihe geboten: „Die sind nicht in der ABDA-Datenbank belegt. Diese können die Apotheker frei vergeben“, so Steueranwalt Dr. Bernhard Bellinger, „da kann es leicht Probleme geben.“

Die meisten Warenwirtschaftssysteme werden heute im POS-Verfahren mit permanenter Inventur betrieben. Die daraus zum Stichtag generierten Inventurwerte werden zum Gegenstand der Bilanzen, aber auch zur Grundlage bei Kaufpreisen für ein Warenlager, wenn die Apotheke selbst verkauft wird.

Bei Inventurwerten gibt es in der Praxis zwei Fallen, auf die Bellinger hinweist: Beim Verkauf einer Apotheke übernehmen Verkäufer und Käufer häufig den Inventurwert aus dem Warenwirtschaftssystem, ohne ihn zu „verproben“. Allenfalls werden Stichproben gezogen. „Da kann die ‚Hasenwärmflasche' zum Killer werden“, so Bellinger. Die Hasenwärmflaschen – also Wärmflaschen im Hasenkostüm für Kinder – sind nicht registriert in der ABDA-Datenbank, sondern erhalten in der Apotheke eine eigene PZN, die mit der Ziffer 8 beginnt.

Um die typischen Nachbestellmechanismen in Warenwirtschaftssystemen zu unterlaufen, wird schon mal eine viel zu hohe Menge in die EDV eingegeben, weil so garantiert keine Nachbestellung automatisch ausgelöst wird. Statt der eingekauften 30 Stück werden beispielsweise 1000 als Bestandszugang eingegeben. Danach werden 28 Stück verkauft – real sind also noch zwei Hasenwärmflaschen vorhanden.

Das System zeigt aber 972 Stück zu einem Einkaufspreis von 12 Euro als Bestand an, was im Warenlager einen imaginären Wert von 11.664 Euro auslöst, der in exakt dieser Höhe den Gewinn fälschlich erhöht. Bei größeren Warenlägern fällt dieser imaginäre Betrag nicht auf. Bellinger: „Nicht nur Käufer von Apotheken sind deshalb gut beraten, die 8-er Ketten der PZN isoliert durchzusehen, bevor der Warenlagerkaufpreis bezahlt wird. Auch die ‚normalen‘ Inhaber sollten bei den Inventuren für ihre Bilanzen ein Auge auf die 8er-Ketten halten.“

Ein anderes Problem stellt sich bei Betriebsprüfungen, wenn eine Inventurfirma „schwer verkäufliche“ oder „unverkäufliche“ Artikel niedriger eingepreist hat und zur Begründung auf eine längere Lagerverweilzeit verweist. Diese Abwertungsbeträge mindern direkt in gleicher Höhe den Gewinn. „Hier ist Vorsicht geboten, weil die Betriebsprüfer nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) inzwischen genauer hingucken“, so der Steuerfachanwalt.

Die Warenlagerabwertung setze artikelbezogen grundsätzlich voraus, dass die Preisauszeichnung in der Offizin synchron abgewertet erfolge. Im Bereich der preisgebundenen Rx-Arzneimittel ist das aber nicht möglich. Bei den Artikeln ohne Preisbindung wäre es technisch möglich, findet aber laut Bellinger in der Praxis so gut wie nicht statt: „Wer würde eine Körperlotion, die er seit zwölf Monaten nicht verkauft hat, mit 0,00 Euro auszeichnen?“

Da Betriebsprüfungen aber regelmäßig „alte Jahre“ umfassten und sich die Korrektur der abgewerteten Preise im ältesten Wirtschaftsjahr zuerst und dort massiv auswirke, entstehe regelmäßig durch die steuerliche Korrektur ein empfindlicher Zinsschaden. „Der Apotheker sollte deshalb auf solche Warenlager-Teilabwertungen verzichten, die nur mit der Verweildauer im Warenlager begründet werden“, rät Bellinger.