Im Streit um die Rabattverträge zur Versorgung mit Sterilrezepturen zeichnet sich in Hessen eine Entspannung ab: Die AOK hat – entgegen anderslautender Ankündigungen – vorerst keine weiteren Retaxationen ausgesprochen. Die Kasse prüft die Widersprüche gegen die erste Retaxwelle und befindet sich in Austausch mit dem Hessischen Apothekerverband (HAV). Für eine Entwarnung ist es aber noch zu früh.
Seit Dezember dürfen AOK-Versicherte in Hessen nur noch von bestimmten Apotheken mit Zytostatika versorgt werden. Die Kasse hat exklusive Verträge für die Belieferung onkologischer Praxen geschlossen. Doch nicht alle Ärzte halten sich an die AOK-Vorgaben und beauftragen weiterhin die gewohnte Apotheke mit der Belieferung.
Die Kasse hatte im Februar erste Retaxationen ausgesprochen: Allein für den Startmonat waren Beträge im sechsstelligen Bereich bei einem Dutzend hessischer Apotheker abgesetzt worden.
Der HAV hatte für die Betroffenen Apotheker Einspruch eingelegt und um schnelle Bearbeitung gebeten: Innerhalb von zwei Wochen sollte die Kasse über die Einsprüche der Apotheker entscheiden.
Doch die Kasse verlangte zunächst mehr Informationen: Die Apotheker sollten die Patientenerklärungen beibringen. Die Onkologen hatten die AOK-Versicherten in der Praxis unterschreiben lassen, dass sie eine Versorgung über die gewohnte Apotheke wünschten.
Der HAV fühlte sich dazu eigentlich nicht veranlasst – immerhin hatte das Regierungspräsidium bereits auf den Kontrahierungszwang der Apotheken verwiesen. Doch der Verband wollte einer schnellen Lösung nicht im Weg stehen und schickte am vergangenen Donnerstag die Erklärungen an die AOK Hessen. Jetzt soll sich die Kasse bis zum kommenden Freitag erklären.
Dass die AOK die Patientenerklärungen einfordert, könnte als Signal verstanden werden, dass sie die freie Apothekenwahl ihrer Versicherten in dieser Konstellation akzeptiert. Ein Sprecher der Kasse wollte sich hierzu auf Nachfrage nicht äußern. Man befinde sich derzeit in einem laufenden Verfahren.
Immerhin hat die Kasse für den Monat Januar bislang offenbar keine Retaxationen wegen der Nichtbeachtung der Rabattverträge ausgesprochen. Das berichten mehrere Apotheken, die von der ersten Welle noch betroffen waren.
Zuvor hatte die AOK weitere Absetzungen gegenüber Apotheken angekündigt, die ohne Vertrag die Rezepturen belieferten. In Sicherheit sind die Apotheken aber noch nicht: Die Kasse kann die Retaxationen immer noch vornehmen.
Der HAV hatte vorab bereits die Aufsichtsbehörde der Kasse eingeschaltet. Das Hessische Sozialministerium solle dem Vorgehen der AOK einen Riegel vorschieben, forderten die Apotheker. Heftige Kritik an den Retaxationen hatte zuletzt auch der Verband Zytostatika herstellender Apothekerinnen und Apotheker (VZA) geäußert.
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