Betrugsverfahren

Ex-CDU-Stadtrat fälscht Apotheken-Quittungen

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Berlin -

In Stendal hat am Freitag der Gerichtsprozess gegen einen Angeklagten begonnen, der eine private Krankenversicherung mit gefälschten Quittungen um über 100.000 Euro betrogen haben soll. Dabei handelt es sich allerdings um keinen Kleinkriminellen, sondern um den ehemaligen CDU-Stadtrat Holger Gebhardt. Indirekt hat er sich laut Staatsanwaltschaft bereits schuldig bekannt. Er sitzt ohnehin bereits in der JVA Halle, weil er bei der Kommunalwahl 2014 im großen Stil betrogen hatte.

Wegen Wahlfälschung sitzt er schon ein, jetzt könnte sich seine Haftstrafe noch einmal mehr als verdoppeln: Die Staatsanwaltschaft wirft dem ehemaligen Stadtrat vor, sich von der DKV insgesamt 103.028,42 Euro erschlichen zu haben. Von Dezember 2012 bis Dezember 2016 soll er dort dutzende Male gefälschte Quittungen eingereicht haben, zum Teil aus zwei Apotheken in Stendal, aber auch aus der Magdeburger Universitätsklinik, der Physiotherapie-Abteilung des Stendaler Johanniter-Krankenhauses und einer Zahnarztpraxis.

Die Spanne der Beträge auf den Quittungen reicht demnach von wenigen Euro bis zu 7000 Euro für Zahnarztbehandlungen. Nur zwei Quittungen habe die Kasse abgelehnt, 36 mal hatte sie die angeblichen Vorauszahlungen erstattet. Gebhardt ist GKV-Patient, hatte aber eine private Zusatzversicherung. Bei dem Versicherer hatte er laut Anklageschrift Sammelrechnungen eingereicht, die offenbar fingiert worden waren und nicht mit den Rechnungen in den Apotheken übereinstimmten, wie ein Sprecher des Gerichts erklärt. Im November vergangenen Jahres wurde er deshalb wegen gewerbsmäßigen Betrugs in 36 Fällen angeklagt. „Die Staatsanwaltschaft geht von einem gewerbsmäßigen Betrug und Urkundenfälschung aus“, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft gegenüber dem MDR. „Sollte es zu einer Verurteilung kommen, muss der Angeklagte mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren rechnen.“

Wenig Hoffnung dürfte Gebhardt ein notariell beglaubigtes Schreiben machen, das zur Prozesseröffnung am Freitag verlesen wurde: Aus dem Schriftstück an die geschädigte Kasse geht nämlich hervor, dass er einräumt, ihr 92.000 Euro zu schulden. Gebhardts Rechtsanwalt klärte das Gericht daraufhin auf, sein Mandant habe mit einer Teilrückzahlung bereits rund 11.000 Euro der Schulden beglichen. Beim nächsten Verhandlungstag wolle er dazu eine Erklärung abgeben.

Mehreren Medienberichten zufolge will sich Gebhardt nicht zu den Vorwürfen äußern, über seinen Verteidiger ließ er mitteilen. Der Prozess ist bis 12. Juni angesetzt, könnte sich aber laut Angaben des Gerichts auch noch länger hinziehen, wenn weitere Geschädigte vernommen werden müssen. Voraussichtlich bis Frühjahr 2020 sitzt der 45-Jährige ohnehin noch im Gefängnis: Seit Oktober 2017 sitzt er eine zweieinhalbjährige Haftstrafe wegen Wahl- und Urkundenfälschung ab.

Der Skandal hatte in der Region Wellen geschlagen: Bei der Kommunalwahl 2014 hatte Gebhardt mittels fingierter Briefwahlvollmachten hunderte Stimmen gefälscht. Fremde Wahlunterlagen hatte er einfach selbst ausgefüllt. Erst im Nachhinein der Wahl waren Unregelmäßigkeiten bei Gebhardts Ergebnis aufgefallen, das Verhältnis von Stimmen aus der Briefwahl zu denen aus den Wahllokalen erregte Verdacht. Im Juni 2015 wurden die Wahlen in Stendal wiederholt. Die Stadt Stendal hat mittlerweile eine Schadenersatz angestrengt. Ihr seien wegen der Wahlwiederholung Kosten von knapp 50.000 Euro entstanden.

Die lokale CDU versuchte die Krise auszusitzen, am Ende wurde der Skandal jedoch bis in den Landtag getragen. Im ersten Prozess gegen ihn erklärte Gebhardt, zu den Fälschungen angestiftet worden zu sein und belastete den ehemaligen CDU-Kreischef Wolfgang Kühnel. Der Skandal reichte bis in den Landtag. Der damalige Landtagspräsident Hardy Peter Güssau trat in der Folge zurück. Im April 2017 richtete der Landtag einen Untersuchungsausschuss zu dem Betrug ein.

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