Versandhandel

Stehen Arzneimittel bei Amazon in der Freiwahl?

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Berlin -

Apothekenpflichtige Präparate dürfen in der Offizin nicht in der Freiwahl stehen. Doch bedeutet ein OTC-Angebot bei Amazon nicht genau das, fragt sich der Münchener Apotheker Dr. Hermann Vogel. Er hat seinen Kollegen Holger Neubert, Inhaber der Bodfeld-Apotheke, wegen des Verkaufs über die Plattform verklagt. Eine Entscheidung im Eilverfahren lehnte die Vorsitzende Richterin am Landgericht Magdeburg (LG) in der gestrigen mündlichen Verhandlung jedoch ab.

Ob Apotheker die Plattform Amazon für den Verkauf apothekenpflichtiger Arzneimittel nutzen dürfen, wird derzeit vor mehreren Gerichten geklärt. Das Landgericht Dessau/Roßlau hatte datenschutzrechtliche Bedenken gegen das Modell und gab Vogels Klage statt. Der beklagte Apotheker Michael Spiegel (Linden-Apotheke in Gräfenhainichen) ist in Berufung gegangen, verkauft derzeit aber nicht mehr über Amazon.

Anders Neubert mit seiner Bodfeld-Apotheke in Elbingerode, Sachsen-Anhalt. Er verkauft aktuell weiter apothekenpflichtige Arzneimittel über die Plattform, zum Beispiel Wick Medinait 180ml Erkältungssirup für 16,68 Euro. Vogel hatte ihn und andere Versandapotheken abgemahnt, weil aus seiner Sicht Bestelldaten der Kunden zwangsläufig bei Amazon landen und von dort aus an die Apotheke weitergeleitet werden.

Mit dieser Argumentation hat Vogel sein Verfahren gegen Spiegel vor dem LG Dessau/Roßlau gewonnen. Im Verfahren gegen die Bodfeld-Apotheke hat Vogels Anwalt Dr. Markus Bahmann seinen Klageantrag sogar erweitert. Die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) verbiete den Verkauf apothekenpflichtiger Arzneimittel über die Freiwahl. Das „Schaufenster“ bei Amazon sei aber im Grunde nichts anderes, so das Argument.

Bahmann verwies auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG), das einem Apotheker verboten hatte, Aspirin jenseits des HV-Tischs in die Regale zu stellen. Begründung: Der Kunde habe seine Kaufentscheidung dann schon vor einer möglichen Beratung gefällt.

Ebenso verhalte es sich bei der Bestellung über Amazon, wo die liefernde Apotheke sogar erst nach Auswahl des Produktes gewählt werde. Eine Beratung sei hier nicht möglich, de facto finde der Verkauf nicht einmal über Apothekenpersonal statt, so Bahmann. „Dann kann man auch gleich einen Wühlkorb mit Aspirin beim Kaufland aufstellen“, so der Rechtsanwalt der Kanzlei Smith, Gambrell & Russell.

Bahmann und Vogel kritisieren auch, dass der Apotheker keinen Einfluss auf die Darstellung bei Amazon hat. So werden auch bei Arzneimitteln Kaufempfehlungen gegeben („Wird oft zusammen gekauft“) und sogar „Gesponserte Produkte zum Artikel“ gelistet, hinter denen der Apotheker womöglich gar nicht steht.

Das Angebot bei Amazon ist aus Sicht des Klägers auch nicht mit dem normalen Shop einer Versandapotheke zu vergleichen. Während Neubert auf seiner eigenen Internetseite der Bodfeld-Apotheke ausführliche Informationen zu Nebenwirkungen und Gegenanzeigen der Arzneimittel gebe, fehlten die wichtigen Hinweise bei Amazon. Auch eine Telefonnummer für eine pharmazeutische Beratung sucht man dort vergeblich.

Vogel hatte Neubert schon vor einem Jahr abgemahnt, aber zunächst den Ausgang des Verfahrens in Dessau abgewartet. Die Vorsitzende Richterin am LG Magdeburg konnte daher eine Eilbedürftigkeit nicht mehr erkennen. Das gab sie Vogel in der mündlichen Verhandlung gestern zu verstehen, der daraufhin seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzog.

Damit ist aber nur das Eilverfahren vom Tisch. Vogel hat unmittelbar danach Klage in der Hauptsache erhoben.

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